Die deutschen Bundestagswahlen sorgen mit einigen überraschenden Entwicklungen in Umfragen im Vorfeld bereits für reichlich Gesprächsstoff. Nicht nur die CDU sieht zunehmend ihre Felle davonschwimmen. Auch Bündnis 90/Die Grünen sehen sich in Befragungen inzwischen deutlich von ihrem ersten Hoch entfernt. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit aber zeigen, dass immer mehr Wählerinnen und Wähler kurzfristig zu anderen Entscheidungen neigen. Insofern könnte es bis zuletzt spannend bleiben. Interessant ist der Ausgang der Wahlen zum 20. Deutschen Bundestag nicht allein mit Blick auf Themen wie Umweltschutz und Steuerpolitik. In Verbindung mit der zukünftigen finanzpolitischen Ausrichtung der neuen Regierung lohnt es sich auch für Krypto-Interessenten, genau zu vergleichen. Nicht alle Parteien präsentieren sich in ihren Programmen offen für den Sektor der digitalen Währungen, der Blockchain und andere mit dem Kryptobereich verbundene Aspekte.

Deshalb wird es in den nächsten Abschnitten um die Positionen der verschiedenen grossen Parteien – genauer: der CDU, SPD, Grünen, FDP, Linken und der AfD – gehen. Wie stehen sie zu Kryptowährungen? Wo können Kryptofans ihr Kreuz machen, um nach den Wahlen auf positive Veränderungen hoffen zu dürfen?

FDP will Digitalwährungen stärker fördern

Den Anfang soll an dieser Stelle die FDP machen. Die Partei veröffentlichte früher als einige ihrer Mitarbeiter Mitte April einen ersten Entwurf Ihres Wahlprogramms. Im endgültigen Programm wurde zunächst eines klar: Die Freien Demokraten sprechen sich unmissverständlich eine „grundsätzliche Verschlüsselung elektronischer Kommunikation“ und treten allgemein gegen Beschränkungen im Bereich der Verwendung von Kryptographie ein, um einen bestmöglichen Schutz des Datenverkehrs und persönlicher Informationen im WWW sicherzustellen. Zwar tritt die Partei auch weiterhin für eine „uneingeschränkte Nutzbarkeit von Bargeld als Zahlungsmittel“ ein. Digitalwährungen wie der Bitcoin und Altcoins aber unterstützen die Liberalen ebenso. Was die angekündigte Förderung von Kryptowährungen, der Blockchain und anderer Technologien der Branche im Falle einer Regierungsbeteiligung angeht, fordert die FDP die Entwicklung eines verlässlichen Rechtsrahmens für den Kryptoraum sowie eine stete Weiterentwicklung dieser rechtlichen Rahmenbedingungen.

Alternative Tauschmittel sind der Partei, die bei der Regierungsbildung zum Zünglein an der Waage werden könnte, herzlich willkommen. Die Experten der Partei kritisieren schon seit langem den Kurs der Regierung und verwiesen wiederholt auf fehlende Massnahmen der grossen Koalition. Vielmehr bestätigt das Programm bekannte Forderungen zur Regulierung digitaler Vermögenswerte. Ein wichtiger Programmpunkt ist dies für Kryptofans dennoch, die noch keine Wahlentscheidung gefällt haben oder ihre bisherige politische Präferenz überdenken möchten.

Quelle: Parteiprogramm FDP

CDU/CSU setzt weiterhin auf Digitaleuro und die „Blockchain-Strategie“

Wer eindeutig positive Aussagen zur Behandlung digitaler Währungen sucht, entdeckt im Programm der Schwesterparteien CDU und CSU keine zufriedenstellenden Details. Statt direkten Bezug zu Bitcoin und Co. zu nehmen, sehen die Partner die Notwendigkeit, dass der Euro „für das digitale Zeitalter gut gerüstet sein“ sollte. Die Lösung soll eine digitale Version der europäischen Gemeinschaftswährung sein, um das Währungssystem gegen die digitale Konkurrenz zu schützen. Vor allem Stablecoins wie Facebooks Währung Diem (vormals Libra) werten CDU/CSU seit den ersten Meldungen über die Pläne des Social-Media-Riesen als Risiko für den Euro. Ansonsten gilt weitgehend: Bargeld muss bleiben. Auch der Digitaleuro kann, so heisst es im Programm, nur eine Ergänzung zum Bargeld sein, um Gefahren für das System zu verhindern. Ein kompletter Umstieg auf eine digitale Währung ist für die Parteien keine Alternative. Eines aber steht für die Parteien wie gehabt fest: Kryptowährungen sind insbesondere für Kriminelle bestens geeignet. Stichwort: Geldwäsche. Digitale Währungen abseits der staatlichen Ausgabe sind nur dann eine Option, wenn diese von Banken emittiert und behördlich geprüft werden. Beim Währungstausch wiederum sollten Ursprung und Ziel von Transaktionen bekannt sein, damit Krypto-Geschäfte zulässig sind. An der Weiterentwicklung der staatlichen Blockchain-Strategie aber möchten die Parteien festhalten. Deutschland soll zur „Hochburg für Blockchain-Technologie“ werden.

Quelle: Parteiprogramm CDU

SPD ruft nach strengen Regeln für den Kryptomarkt

Die Begriffe Bitcoin und Kryptowährungen tauchen im „Zukunftprogramm“ der Sozialdemokraten nicht in direkter Form auf. Die SPD sieht in digitalen Währungen und der Blockchain zwar etliche Chancen. Gerade im Kontext des Datenschutzes und hinsichtlich erkennbarer Geldwäsche-Risiken gibt sich die Partei skeptisch. Der derzeitige Koalitionspartner von CDU/CSU spricht sich seit Jahren für eine Regulierung digitaler Zahlungs- und Währungssysteme auf europäischer Ebene aus. Unter einer SPD-geführten Regierung oder Regierungsbeteiligung würde sich die Partei mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür stark machen, dass Dienstleistungen (wie von der EU-Kommission ins Spiel gebracht) aus dem Krypto-Universum ständigen Kontrollen unterliegen. Das verdeutlichen Stellungnahmen der Experten in den Reihen der SPD immer wieder.

Den digitalen Euro sieht man auch hier als wichtigen Ansatz – er soll als wesentliche Ergänzung zum geltenden Bargeldsystem und Zahlungssystem aus der Privatwirtschaft dienen. Für den Zahlungsverkehr innerhalb Deutschlands soll der Digitaleuro einen wichtigen Beitrag leisten, um dem System die nötige Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit zu garantieren.

Quelle: Parteiprogramm SPD

Grüne sehen Blockchain als Chance, aber Probleme in puncto Nachhaltigkeit

Wer die Statements der Grünen schon länger verfolgt, weiss, dass der Partei gerade der enorme Energieverbrauch beim Bitcoin und vielen anderen Kryptosystemen ein Dorn im Auge sind. Zwar äusserte sich die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen wiederholt positiv, wenn um die Möglichkeiten zur Anwendung der Blockchaintechnologie geht. Die schlechte Energiebilanz der Kryptowelt und die vermeintlich hohen Risiken im Zusammenhang mit digitalen Währungen sorgen dafür, dass die Partei zumindest aktuell kein Fan der Assets ist. Weiterhin äussern die Finanzpolitik-Experten der Partei regelmässig Kritik wegen der Beliebtheit von Kryptowährungen bei Kriminellen. Darüber hinaus sehen die Grünen im Bitcoin und Altcoins eine Gefahr für den Finanzmarkt. Die finanzpolitische Sprecherin und Volkswirtin Lisa Paus nannte in der Vergangenheit zudem potenzielle „spekulative Übertreibungen“ als Problem digitaler Vermögenswerte. Es überrascht nicht, dass gerade die fehlende Nachhaltigkeit der Grund dafür ist, dass die Grünen Produkten wie dem Bitcoin keine allzu rosige Zukunft vorhersagen. Ein Verbot hat die Partei aber nicht vor Augen. Vielmehr müssten hier identische Regeln wie für klassische Produkte des Marktes und Bargeld gelten.

Denkbar wäre am ehesten ein Kauf- und Verkaufsverbot für Banken. Bei Finanztransaktionen in Verbindung mit Digitalwährungen sollen alle relevanten Daten offengelegt werden. So will man Geldwäsche, der Finanzierung des internationalen Terrors und anderen Problemen den Kampf ansagen. Den Plan für digitales Geld bzw. einen digitalen Euro vonseiten der EZB unterstützt die Partei, damit Europa im Rennen um die Digitalisierung der Finanzwelt nicht den Anschluss verliert.

Quelle: Parteiprogramm Die Grünen

Linke ruft ebenfalls nach dem digitalen Euro

Der renommierte finanzpolitische Sprecher der Linken, Fabio de Masi, sprach sich in „schöner“ Regelmässigkeit für eine striktere Regulierung digitaler Währungen aus. Dabei verfolgt die Partei in diesem Zusammenhang aber – zumindest nach aktuellem Stand der Dinge – nicht den Weg eines generellen Verbots von Kryptowährungen. Im Sinne des Verbraucherschutzes brauche es jedoch einen strengen Regulierungsrahmen. Bedingt zeigt sich eine Parallele zum Kurs der Grünen, wenn es um den Energiebedarf vieler Kryptosysteme geht. Besonders problematisch sieht die Partei Währungen, die durch riesigen Energieverbrauch (gerade im Bereich Krypto-Mining) ein Risiko für die Umwelt darstellen. In diesem Bereich wären Verbote faktisch nicht auszuschliessen, sollte die Linke in der neuen Regierung eine Rolle spielen und ihre Position durchsetzen können. Um nochmals auf den Schutz der Verbraucher zurückzukommen: Den Bitcoin sieht die Partei nicht als „effizientes Zahlungsmittel“, weshalb ihr Sprecher de Masi bewusst von digitalen Vermögenswerten spricht.

Den Bitcoin und Altcoins stuft de Masi als Spekulationsobjekt mit hohem Risiko ein. Wer in den Bitcoin investiert, tue dies nicht aus Gründen einer Wertstabilität, sondern in der Hoffnung auf möglichst hohe Renditen. Das Credo: Auch die Linke hält die Entwicklung einer durch Zentralbanken abgesicherten Digitalwährung für notwendig.

Quelle: Parteiprogramm Die Linke

AfD ohne klare Position zu Digitalwährungen

Eine Beteiligung der AfD an der neuen Bundesregierung ist genau genommen ausgeschlossen. Alle grossen Parteien sprechen sich gewissermassen „traditionell“ gegen ein Bündnis mit der umstrittenen Alternative für Deutschland aus. So kann die AfD am ehesten aus der politischen Opposition heraus in überschaubarer Weise Einfluss auf die zukünftige Krypto-Politik nehmen. Ein Blick ins Parteiprogramm ist an dieser Stelle der Vollständigkeit halber dennoch obligatorisch. Ein Ziel der Partei ist die Erhöhung der öffentlichen Ausgaben „für die Erforschung und

Anwendung von Quanten-Kryptographie“. Die Einführung digitaler Währungen durch Zentralbanken kommt für die AfD nicht infrage, da dies langfristig zu einer Bargeld-Abschaffung führen könnte. Weitergehende präzise Positionen zu Kryptowährungen und Blockchain sucht man im mehr als 100-seitigen Wahlprogramm unter der Überschrift „Deutschland. Aber normal“ vergeblich. Allerdings setzt sich die Partei für eine Digitalsteuer für grosse Technologie-Konzerne ein. Diese könnte letzten Endes auch Auswirkungen auf die Kryptowelt haben. In diesem Punkt vertritt die AfD eine ähnliche Position wie einige andere Parteien aus der Übersicht.

Quelle: AFD Parteiprogramm

Unser Fazit: Zukunftsweisende positive Entwicklungen? Fehlanzeige

Der eine „grosse Wurf“ zum Vorteil der Kryptofans und Anbieter am Markt findet sich im Grunde in keinem Programm der etablierten Parteien. Wer diesbezüglich nach Angeboten der Politik sucht, ist bei Klein- und Kleinstparteien bisher besser aufgehoben. Ob sich die Abgabe der Stimme in diesem Fall lohnt, ist eine rein persönliche Entscheidung. Durch die grossen Parteien ist am ehesten mit strengeren Regelwerken zu rechnen. Lieber strenge als gar keinen Regeln? Auch dies müssen Wählerinnen und Wähler individuell abwägen. Unabhängig vom Ausgang bleiben die Entwicklungen hinsichtlich Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum und der Blockchain weiter ungewiss.

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