Der juristische Dauerstreit zwischen Ripple und der US-Börsenaufsicht SEC gehört längst zur Krypto-Geschichte wie das Bitcoin-Halving oder der Mt.-Gox-Skandal. Was als klassische Behördenklage begann, entwickelte sich über Jahre zu einem Lehrstück über Regulierung, Dezentralität und die Frage, was in der digitalen Finanzwelt eigentlich noch ein Wertpapier ist und was nicht.
Ein Fall, der sich wie ein Krimi liest, bloss ohne Mörder, aber mit einem Haufen Geld und der Frage, ob das alles nicht irgendwann einfach mal vorbei sein kann.
Wie Ripple ins Visier der SEC geriet
Alles begann Ende 2020. Die SEC, sonst eher für trockene Jahresberichte und ein noch trockeneres Auftreten bekannt, holte überraschend die grosse Keule raus und verklagte Ripple Labs. Der Vorwurf lautet, der Verkauf von XRP-Token sei ein nicht registrierter Wertpapierverkauf gewesen.
Ripple selbst sah sich hingegen nie als Emittent klassischer Wertpapiere. XRP sei kein Investmentvertrag, hiess es, sondern ein digitaler Vermögenswert mit echtem Nutzen, insbesondere für den internationalen Zahlungsverkehr. Ein Argument, das man in der Kryptoszene gerne hört. Die SEC sah das anders. Für sie war XRP nichts anderes als ein Asset mit spekulativem Charakter, das in die gleichen regulatorischen Schubladen gehört wie Aktien oder Anleihen. Vor allem aber sei das Ganze über Jahre ohne die notwendige Registrierung gelaufen.
Die Fronten waren also früh verhärtet. Die SEC wollte ein Exempel statuieren und Ripple kämpfte um sein Geschäftsmodell und mittendrin ist der Token XRP.
Das grosse Aufatmen im Sommer 2023
Im Juli 2023 folgte dann der grosse juristische Donnerschlag,denn ein US-Bezirksgericht entschied, dass der Verkauf von XRP an Privatanleger über Börsen nicht gegen Wertpapiergesetze verstosse. Die Krypto-Community jubelte. Ripple sprach von einem „grossen Sieg“. Der XRP Kurs schoss nach oben. Kurz schien es, als wäre das Drama vorbei wie ein Blockbuster mit Happy End.
Doch wer dachte, damit sei das Kapitel abgeschlossen, hatte das Kleingedruckte nicht gelesen. Denn das Gericht hatte zwar XRP-Verkäufe an Privatanleger für unproblematisch erklärt, aber institutionelle Verkäufe in anderen Kanälen sehr wohl als Wertpapiertransaktionen eingestuft. Die SEC verlor also teilweise, aber nicht überall und sie war nicht bereit, das als Finale zu akzeptieren. Die Entscheidung war ein Etappensieg, mehr nicht und spätestens als die SEC Berufung einlegte, war klar, die Story bekommt mindestens noch ein paar Staffeln mehr.
Millionenstrafe, aber kein Schlussstrich
Im Herbst 2023 dann die nächste Wendung, denn Ripple und die SEC einigten sich auf eine Zahlung von rund 50 Millionen US-Dollar. Das klang nach einem Deal. Ein teurer zwar, aber immerhin günstiger als die 125 Millionen US-Dollar Strafe, die die SEC ursprünglich forderte.
Die Realität ist aber etwas komplizierter, denn die Strafe bezog sich nur auf institutionelle Verkäufe. Alle anderen offenen Fragen, vor allem über regulatorische Grundsatzentscheidungen, blieben davon unberührt.
Und auch der genaue Modus der Rückzahlung warf neue Fragen auf, wie welche Investoren erhalten wie viel zurück? In welchem Zeitraum und nach welchem System? Hinzu kam, dass der Markt verhalten reagierte. XRP zeigte zwar Schwankungen, doch ein nachhaltiger Kursimpuls blieb aus. Zu gross war offenbar das Misstrauen, dass das juristische Nachspiel wirklich vorbei war.
Warum sich der Streit wieder zuspitzt
Kaum war die Einigung beschlossen, ging der Streit in die nächste Runde. Im Frühjahr 2025 lehnte Richterin Torres einen Antrag auf Verfahrensbeendigung ab. Der Grund ist, dass der Vergleichsantrag “verfahrensrechtlich unzulässig” sei. Damit bleibt Ripple im juristischen Fadenkreuz, auch wenn der ganz grosse Konflikt beigelegt scheint.
Die SEC wiederum will keine Blösse zeigen. Sie nutzt jede Gelegenheit, um auf offene Baustellen hinzuweisen und Ripple gibt sich kämpferisch, öffentlich selbstbewusst, aber juristisch noch nicht aus der Schusslinie. Es ist ein Tanz auf dünnem Eis, bei dem keiner so recht weiss, wer am Ende einbricht.
Was der Prozess für die Krypto-Regulierung bedeutet
Der Ripple-Fall wirkt längst über das eigene Unternehmen hinaus. Er ist ein Symbol geworden für die unklare Lage rund um Kryptoregulierung in den USA. Während die SEC weiter versucht, möglichst viele Token als Wertpapiere zu klassifizieren, pocht die Branche auf mehr Rechtsklarheit und weniger juristische Willkür.
Besonders brisant ist, dass Ripple einer der ersten grossen Fälle war, in denen die Frage nach der Natur eines Tokens öffentlich verhandelt wurde, also nicht nur, wie ein Projekt funktioniert, sondern was es regulatorisch eigentlich ist. Seitdem herrscht in vielen Krypto-Firmen Unsicherheit. Könnte auch unser Token ein Wertpapier sein? Muss man sich absichern? Oder besser gleich ins Ausland ausweichen?
Für die SEC geht es dabei um mehr als nur XRP. Sie will einen Präzedenzfall schaffen, der für künftige Projekte als Massstab dient. Ob das gelingt, bleibt offen. Aber der Ripple-Fall hat die Fronten klargemacht und den Druck auf die US-Politik erhöht, endlich verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen.
Ripple heute: Ein Unternehmen zwischen Aufbruch und Altlasten
selbst hat sich in der Zwischenzeit weiterentwickelt. Neue Kooperationen, ein stärkerer Fokus auf internationale Märkte und das Ziel, als Infrastruktur-Player für den digitalen Zahlungsverkehr ernst genommen zu werden. Die Strategie ist es, sich vom XRP-Token zu emanzipieren, ohne ihn aufzugeben, denn ganz losgelöst ist Ripple von XRP nie, schon aus ökonomischen Gründen.
Doch der Ruf hat gelitten. Während einige die Firma als unbeugsamen Pionier feiern, werfen andere ihr vor, durch ihre XRP-Verkäufe bewusst Grauzonen genutzt zu haben. Das Vertrauen ist gespalten und auch wenn Ripple öffentlich gerne betont, wie stabil das eigene Geschäftsmodell sei, sind die offenen Fragen damit nicht vom Tisch.
Welche Entwicklungen noch zu erwarten sind
Was kommt als Nächstes? Die juristischen Formalitäten rund um die Rückzahlung der Strafe laufen weiter. Mit neuen Fristen, neuen Anhörungen und möglichen Folgeklagen bleibt es komplex. Gleichzeitig wartet die Branche auf Signale aus Washington. Wird es bald ein umfassendes Kryptogesetz geben oder bleibt der regulatorische Flickenteppich?
Auch international wird genau hingeschaut. Die EU hat mit MiCA bereits vorgelegt, andere Regionen planen eigene Gesetzespakete. Die USA könnten unter Zugzwang geraten, nicht zuletzt wegen des Ripple-Falls.
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