Die US-Wahlen wurden weltweit wie erwartet mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt. Nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger waren schon seit Monaten regelrecht in heller Aufruhr. Der teuerste Wahlkampf aller Zeiten hielt allerdings vor allem Politik und Wirtschaft weltweit in Atem. Zwar schlug sich dies nicht frühzeitig dramatisch an den Aktienkursen und Indizes nieder. Doch in den letzten Tagen vor Beginn der Auszählung gab es doch mehr Bewegungen. Politikwissenschaftler warnten wiederholt, dass Daten aus Umfragen trügen könnten. Schon bei der ersten Kandidatur Donald Trumps hatte kaum jemand mit einem Sieg gerechnet. Und so wurde es auch in diesem Jahr ein weitaus engeres Rennen um die Präsidentschaft, aus dem nun am Ende der Demokrat Joe Biden als Sieger hervorging. Und dies verschaffte den Entwicklungen gerade bei vielen Kryptofans zusätzlich Gehör.

Wird Biden sanftere Kryptotöne anklingen lassen?

Donald Trump (und bis auf wenige Ausnahmen die republikanische Partei insgesamt) gilt seit Jahren als Kritiker digitaler Währungen. Sie wollen sehen im Aufkommen der neuen Devisen der digitalen Welt eine Gefahr für das traditionelle Finanzsystem. Und auch international befassen sich bisher eher wenige Länder mit einer zukunftsweisenden Regulierung des Kryptomarktes. Der Social-Media-Riese Facebook kann im Zusammenhang mit seinem geplanten Stablecoin Libra ein trauriges Lied davon singen, wie vehement sich viele Staaten und Zentralbanken gegen die Konkurrenz aus dem digitalen Bereich sträuben. Mit Joe Bidens Einzug ins Weisse Haus – so die Hoffnung innerhalb der Krypto-Community – könnte sich dies nun sukzessive ändern.

Vorschnelle Wunder erwartet wohl niemand, denn der jahrelange Widerstand gegen Bitcoin und Co. wird sicher nicht gleich nach dem Amtsantritt aufgegeben werden. Es gibt auf der anderen Seite aber gute und wichtige Signale, die den Kryptosektor aufhorchen lassen. Diese klingen durchaus hoffnungsvoll.

Biden steht Digitalwährungen objektiver als Trump gegenüber

Worum geht es genau? Es sind nicht nur Bidens eigene Statements aus vergangenen Zeiten hinsichtlich der Chancen und Risiken der innovativen Blockchain-Technologie und der Kryptowährungen, die einen gewissen Wandel in Aussicht stellen. Es sind vielmehr die ersten Taten, obwohl Trump bisher die Übergabe der Geschäfte an seinen gewählten Nachfolger verweigert und sich noch immer als in der Rolle des klaren Siegers sieht. Bidens erste Ernennungen für sein „Wechselteam“ sind der Anlass erster – vorerst verhaltener – Reaktionen in der Community.

Ex-CTFC-Chef soll Bidens Finanzideen mit realisieren

Zuletzt gab Biden bekannt, dass er Gary Gensler in sein sogenanntes Übergangsteam berufen hat. Der frühere Vorsitzende der Commodity Futures Trading Commission (CFTC) hatte in der Vergangenheit wiederholt Offenheit dem Kryptosektor gegenüber geäussert. Gensler geniesst einen ausgezeichneten Ruf als Kenner des globalen Finanzmarktes. Seine Aufnahme in das „Biden-Harris-Übergangsteam“ klingt erfreulich. Unter Barack Obama war der Experte CFTC-Vorsitzender bis zum Jahr 2014 und galt als strenger Regulierer im Bereich Finanzderivate.

Neuer Präsident spricht sich schon lange für eindeutiges Regelwerk aus

Auch heute noch ist er der festen Überzeugung, dass der Kryptomarkt eine sichere Regulierung braucht, um auf Wachstumskurs zu bleiben. Dabei ging und geht es Gensler in besonderer Weise um den Schutz der Investoren vor Manipulationen am Markt. Im Jahr 2018 gab Gensler zudem an, ICOs seien seiner Auffassung nach Wertpapiere, weshalb diese unter die Kontrolle der SEC gehörten. Eine klare Marschrichtung des Biden-Teams kann wichtige Weichen stellen. Zumal: Der Berater des 46. US-Präsidenten ist bereits in führender beratender Funktion für MIT Media Lab bzw.  genauer gesagte die bekannte Digital Currency Initiative tätig. Gensler nimmt also die Position eines Förderers der Branche ein, wenn es um technologische Weiterentwicklungen der Blockchain und anderer Krypto-Konzepte geht.

Eine der drängenden Fragen:

Öffnen sich die USA stärker für den Kryptomarkt? Mögliche Chancenoptimierung für Produkte wie ETFs (börsengehandelte Fonds) auf Bitcoin, Ethereum und Co.

Bitcoin stieg, als sich der Wahlkampf auf der Zielgeraden befand

Abseits dieser guten Nachrichten war auffallend, wie optimistisch die Bitcoin-Bewegung bereits mit Vorlauf noch vor Beginn der letzten heissen Phase des Wahlkampfs reagierte. Binnen eines einzigen Monats sicherte sich die Leitwährung des Kryptomarktes ein Plus von zeitweise gut 30 Prozent. Für viele Experten steht trotz der Hoffnung auf Bewegung beim Thema „digitale Währungen und Blockchain“ ohnehin fest: Das Interesse an Coins und Token wächst stetig. Dies zeigt sich generell an Bemühungen vieler Staaten, endlich Projekte mit eigenen Tests zu digitalem Zentralbankgeld (CBDC) auf die Beine zu stellen.

Mögliche Auswirkungen höherer Steuern nur bedingt absehbar

Ein „Problem“, dass viele Branchenkenner in Verbindung mit dem Machtwechsel in den USA sehen, ist steuerlicher Natur. Nicht nur überzeugte Republikaner rechnen damit, dass Joe Biden bei einigen Steuern Korrekturen vornehmen wird. Insbesondere im Unternehmenssektor mehren sich die Sorgenfalten. Aber auch das Thema der Vermögenssteuer spielt eine Rolle. Diese Ängste der Anleger könnten einen Anstieg der Nachfrage nach dem Bitcoin als führende Kryptowährung einerseits und vielversprechenden Altcoins wie Ripples XRP oder Ethereum andererseits bringen. Und zwar schneller als bisher. Um fair zu bleiben: Auch im Falle einer Wiederwahl des umstrittenen Präsidenten Donald Trump rechneten Marktbeobachter mit fortgesetztem Wachstum des Kryptosektors. Allerdings in gemässigterer Form, als es sich viele Marktteilnehmer nun von Bidens kommender Ernennung versprechen.

Kryptomarkt beobachtet staatliche Anti-Corona-Massmahmen in den USA

Aus Sicht der Kryptowelt könnten sich in den kommenden Wochen auch neue Verhandlungen über Rettungspakete für die Corona-gebeutelte Wirtschaft als positiv erweisen. Joe Biden hat in diesem Punkt schon früh weitere Hilfen angekündigt. Vorausgesetzt natürlich, dass sich Demokraten und Republikaner möglichst schnell auf Massnahmen einigen können. Erst im vergangenen Oktober hatte der US-Kongress ein Paket mit einem Gesamtvolumen von 2,2 Billionen US-Dollar auf den Weg bringen wollen. Freilich kam es im republikanisch dominierten Senat im Wahlkampf nicht zum nötigen Zuspruch. Nach Neubesetzung des Weissen Hauses könnte sich einiges tun.

Entspannung der US-Wirtschaft könnte Krypto-Interesse befeuern

Gibt es weitere Finanzhilfen – gerade auch Unterstützungen im Steuersektor – können diese mit Glück schnell zu einem wichtigen Motor für die US-Wirtschaft werden. Zwar erholte sich diese in den vergangenen Monaten. Zusätzlicher Schwung wäre dennoch sowohl für Unternehmen als auch Privathaushalte eine Entlastung. Heissen könnte dies: Anleger werden verstärkt bereit, Geld in die Hand zu nehmen. Profitieren könnte dabei auch der Bereich der Kryptowährungen. Allen voran der Bitcoin. Denn immer mehr normale Investoren entdecken trotz der im Vergleich zu klassischen Anlageklassen wie Aktien höheren Spekulationsrisiken Coins und Token.

Interessant an dieser Stelle:

Etliche Analysen verwiesen in den vergangenen Monaten auf Korrelationen zwischen dem Aktienmarkt, Indizes und dem Bitcoin-Kurs. Punkten können digitale Währungen hier im Übrigen insbesondere mit Blick auf weiterhin steigende Inflationsrisiken, sollte die Pandemie noch auf unbestimmte Zeit ein täglichen Begleiter bleiben.

Ein zu starker Dollar kann zum Krypto-Hemmnis werden

Auf der Seite möglicher negativer Einflüsse in Verbindung mit ersten Aktivitäten der Regierung Biden könnte für Kryptoanleger ein Wiedererstarken des US-Dollars stehen. Greifen Massnahmen, könnte dies den zuletzt schwachen Dollar auf die Sprünge helfen. Dies belastet aller Erfahrung nach den Bitcoin, der seinerseits auf den Kryptomarkt insgesamt Einfluss nehmen würde. Das Beispiel der europäischen Gemeinschaftswährung Euro jedenfalls zeigte, wie sich Devisen durch funktionierende Interventionen in der Krise auswirken können. Für Anleger könnte dies in den USA bedeuten: Wer schnell investiert und den richtigen Zeitpunkt für den Ausstieg findet, könnte durch einen wirtschaftlichen Aufschwung hohe Renditen durch steigende Kurse am Kryptomarkt verbuchen. Zumindest so lange, bis der Dollar nachzieht und erneut Aufwärtsdruck  bei digitalen Währungen droht.

Ein Unsicherheitsfaktor für die kommende Zeit hingegen sind drohende Steuererhöhungen, die viele Biden-Gegner erwarten. Während viele Analysten durch klare Verhältnisse in der US-Politik und damit eine weitere Erholung des Aktienmarktes (wir erinnern uns an Parallelbewegungen bei Aktienkursen und BTC) prognostizieren, würden höhere Steuern eventuell einen Abwärtstrend an den Börsen verursachen.

Die ersten Entwicklungen können die Richtung für Krypto-Trends vorgeben

Was der zukünftigen Krypto-Politik trotz des politischen Wechsels wie gehabt fehlt, ist die klare Ausrichtung bezüglich der Regulierung digitaler Assets. Die Beteiligung Gary Genslers an Bidens Team sorgt aber für berechtigte Hoffnung, dass die USA endlich einen eindeutigen Plan verfolgen werden. Ein wenig wird es aber wohl noch dauern, bis sich die Vereinigten Staaten stärker ein Vorbild an Ländern wie China oder der Schweiz nehmen. Die nötige Folge wäre das Erkennen der Chancen der Blockchain und digitaler Währungen, statt vorrangig Risiken in den Vordergrund zu rücken. Wirkliche Sicherheit müssen erste Ideen zu mehr Akzeptanz Kryptowährungen und -systemen gegenüber auf den Weg gebracht werden. Biden hat vier Jahre Zeit, mit seinen Experten einen solchen Weg zu finden.

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