Blockchain Trilemma – das „ewige“ Problem aller Krypto-Netzwerke? An den zahlreichen technologischen Vorzügen der Blockchain besteht kein Zweifel. Gerade im Direktvergleich mit vielen traditionellen Datenbanken und Systemen wissen die meisten Blockchains am Markt zu überzeugen. Dennoch gibt es auch bei der neuen Technologie einige ‚kritische‘ Aspekte“. Hier geht es um zum einen um die Skalierbarkeit, die in vielen Netzwerken früher oder später an Grenzen stösst. Auch die Dezentralisierung sowie die Netzwerk-Sicherheit lässt sich mehrheitlich nicht endlos erweitern. Experten sprechen deshalb vom sogenannten Blockchain-Trilemma“.

Infografik: Was ist das Blockchain Trilemma?
Infografik: Was ist das Blockchain Trilemma?

Zunächst soll es hier um eine knappe Definition der drei Begriffe Skalierbarkeit, Dezentralisierung und Sicherheit gehen:

  • die Skalierbarkeit bezeichnet die Fähigkeit eines Blockchain-basierten Netzwerk, schrittweise ein höheres Volumen der internen Transaktionen zu verarbeiten
  • die Dezentralisierung verhindert, dass nur eine überschaubar grosse Gruppe von Teilnehmern im Netzwerk die Kontrolle übernehmen kann – gebräuchlich ist auch der Terminus der „Netzwerk-Redundanz“ Verwendung
  • als Sicherheit wird in Blockchains die Fähigkeit bezeichnet, zum einen im jeweiligen Netzwerk gespeicherte Informationen gegen Angriffe (etwa durch Hacker) zu schützen und andererseits eine Art Verteidigungswall gegen das sogenannte „Double Spending“ im System zu bilden

Wissenswert: → Gerade Laien laufen Gefahr, das Blockchain- oder Skalierbarkeits-Trilemma als unumstössliche Gesetzmässigkeit anzuerkennen. Jedoch ist es keineswegs ausgeschlossen, dass eine bestimmte Blockchain bezüglich Skalierbarkeit, Dezentralisierung und Sicherheit optimal funktioniert. Zum besseren Verständnis folgt ein kurzer Exkurs dazu, wie und aus welchen Gründen öffentliche Blockchain die genannten Punkte realisieren. Die Bitcoin Blockchain soll hier der Veranschaulichung der drei genannten Blockchain-Qualitäten dienen.

Die Bitcoin Blockchain

Ein Grundstein des „Systems“ Bitcoin (BTC) war die Beseitigung des „Double Spending“-Problems – ganz ohne Einbindung zentraler Instanzen. In zentral ausgerichteten Netzwerken spielte dieses Problem generell eine untergeordnete Rolle. Die BTC-Blockchain zielte darauf ab, Werte zwischen bei Netzwerk-Parteien austauschbar zu machen – nicht zuletzt durch eine Vertrauens-Reduzierung, die den Prozess vereinfacht. Diese Reduzierung wird durch den Ausschluss zentraler Netzwerk-Einheiten erreicht. Anders als etwa bei Fiatwährungen, wo Zentralbank als Kontrollinstanz (oder zentralen Clearing-Stelle) fungieren, hängt der Bitcoin massgeblich von verschiedenen Minern ab.

Damit die meisten involvierten Miner für Transaktionsprüfungen ausreichend Zeit erhalten, werden Blockchain-Blöcke verzögert in die Kette integriert. Dass dieser Zeitaufwand zulasten der Geschwindigkeit geht, war von den Bitcoin-Entwicklern durchaus gewollt. Ganz im Sinne der angestrebten Dezentralisierung. Sollen Transaktionen schneller abgewickelt oder alternativ die Skalierbarkeit gesteigert werden, müsste die zeitliche Verzögerung entfernt werden, was negative Auswirkungen auf die Dezentralisierung hätte. Als „Ur-Blockchain“ finden sich in jeder anderen Blockchain gewissermassen technische Querverweise und Schnittstellen zum BTC-System.

Skalierbarkeit, Dezentralisierung und Sicherheit interagieren in der Blockchain

Schritt eins für jedes Netzwerk: Es braucht einen Konsens zur Transaktionsgültigkeit, um Transaktionen überhaupt ausführen zu können. Die ungeschriebene Regel: Je mehr System-Teilnehmer, desto länger kann es dauern, wie sich Teilnehmer einigen. Daraus ergibt sich – bei Vorliegen vergleichbarer Parameter hinsichtlich der Sicherheit – eine Skalierbarkeit mit einer „umgekehrten Proportionalität“ mit Blick auf die Dezentralisierung.

Am Beispiel zweier Blockchains mit einem Proof of Work-Konsens und identischem Dezentralisierungs-Grad bedeutet dies: Die Hashrate im Netzwerk kann hier die Sicherheit repräsentieren. Mit der Hashrate-Höhe sinkt einerseits die Zeit für die Transaktionsbestätigung. Andererseits steigt die Skalierbarkeit, wenn die Sicherheit zunimmt. Daraus ergibt sich bei gleichbleibender Dezentralisierung eine Skalierbarkeit mit proportionalem Verlauf zur Netzwerk-Sicherheit. Das Erreichen der Optimum-Werte bei allen drei Eigenschaften in der Blockchain ist damit per Definition ausgeschlossen. Es braucht somit stets eine gewisse Kompromissbereitschaft im Netzwerk.

Beispielhaft greifen Experten bei der Erklärung des Trilemmas gerne auf den Fall Ethereum aus der nahen Vergangenheit auf. Das ETH-Netzwerk verzeichnete dank des Booms im Bereich dezentraler Finanzen (DeFi) einen regelrechten Anwendungs-Boom. Das System stiess dadurch hinsichtlich der Skalierbarkeit in seine Grenzen. Die Folge waren bedingt durch die enorme Nachfrage massiv gestiegene Gebühren für Transaktionen. Aufgrund dieses Anstiegs war es vielen Nutzern zeitweise schlicht nicht möglich, innerhalb der Blockchain aktiv zu werden.

Diese Gebührenentwicklung verdeutlicht das Blockchain-Trilemma eindrucksvoll. Eine fortgesetzte Skalierung ist nur um den Preis möglich, dass die Qualitäten Sicherheit und Dezentralisierung vorübergehend vernachlässigt werden. Im Ethereum-Netzwerk verlagerte die Community das Hauptaugenmerk auf die Dezentralisierung. Dies führte zu Einschränkungen der Skalierbarkeit durch Ziehen einer klaren Grenze bei den sekündlich durchführbaren Transaktionen. Um Miner zu einer bevorzugten Bestätigung ihrer Transaktionen anzuregen, waren Nutzer zur Zahlung vergleichsweise hoher Gebühren bereit.

Zum Vergleich:

In den Blockchains von Bitcoin und Ethereum steht die Dezentralisierung an erster Stelle. Das vor allem als innovatives Zahlungsnetzwerk ausgerichtete Ripple-System legt seinen Schwerpunkt auf den Aspekt der Sicherheit. EOS hingegen schreibt Skalierbarkeit gross, sodass Dezentralisierung und Sicherheit erst an zweiter Stelle stehen.

Die Bedeutung der Trilemma-Bauteile im Einzelnen

Die zuletzt genannten Beispiele zeigen bereits, dass die drei Komponenten je nach Ausrichtung und Anwendungsfälle verschiedener Blockchains von unterschiedlicher Relevanz sind. Schauen wir uns die Komponenten deshalb genauer an – dabei soll es sowohl um die besonderen Eigenschaften als auch positive und negative Aspekte gehen.

Die Skalierbarkeit

Je mehr Nutzer, Use Cases und last but not least Transaktionen eine Blockchain erkennen lässt, desto wichtiger wird die Skalierbarkeit. Sie bezeichnet die Blockchain-Fähigkeit, dem System-Wachstum gerecht zu werden und auch bei deutlich steigender Adaption die Aktivität ohne Einbussen bezüglich der Netzwerkleistung zu garantieren. Unverzichtbar ist hierbei, dass Blockchains die Ausführungs- oder Abwicklungszeit einzelner Transaktionen senken und damit im Umkehrschluss die Zahl der Transaktionen pro Sekunde (TPS) sozusagen „hochfahren“ kann. Einmal mehr braucht es dazu die besagte Kompromissbereitschaft, um dieses Ziel zu erreichen.

Variante 1:

ein Sicherheits-Kompromiss – im Netzwerk kommt es zur Blockzeit-Reduzierung, was mit einer verringerten Netzwerk-Schwierigkeit einhergeht

Variante 2:

ein Dezentralisierungs-Kompromiss – innerhalb des Netzwerks kommt es zu einer Absenkung der Einheiten, die mit der Überprüfung einzelner Transaktion betraut sind. Netzwerke mit dem Schwerpunkt Skalierbarkeit zeichnen sich durch diese Vorteile aus:

  • Systeme sind in der Lage, eine Unterstützung einer Vielzahl von Transaktionen sicherzustellen
  • Netzwerke dieser Art sind gut geeignet für Apps (Anwendungen), die ihren Schwerpunkt nicht beim Thema Sicherheit setzen → beispielsweise App aus dem Bereich Social Media

Als Nachteile Skalierbarkeits-zentrierter Netzwerke sind erkennbar:

  • Sicherheit spielt zwangsläufig eine untergeordnete Rolle
  • der zugrundeliegende Konsensmechanismus muss automatisch „mit skalieren“, wenn das Netzwerk als solches skaliert → das Ergebnis kann eine stärkere Zentralisierung der Blockchain sein

Dezentralisierung

Blockchain-Netzwerke, die sehr dezentral ausgerichtet arbeiten, sind in der Lage, einer grossen Gruppe Blockchain-Nutzer (Akteure) die nötige Unterstützung zuteilwerden zu lassen. Dezentralisierung spielt auf vielen Ebenen eine Rolle. So beispielsweise hinsichtlich der im Netzwerk aktiven Miner und Entwickler oder der vollständig vorhandenen System-Nodes, also der Knotenpunkte. Wichtig ist in diesem Zusammenhang: Das Ausmass der Dezentralisierung variiert zwischen verschiedenen Blockchain.

Dezentrale Blockchains zeichnen sich durch folgende Vorteile aus:

  • Dezentralisierung erlaubt eine konstante Konsens-Aufrechterhaltung. Die Notwendigkeit, dass Blockchain-Nutzer allein einer im Netzwerk aktiven Instanz vertrauen müssen, ist nicht gegeben
  • Ein Grund, weshalb Dezentralisierung einen so hohen Stellenwert hat: Sie sorgt für eine höhere System-Robustheit. Die zugehörigen Systeme sind nicht für Zensur anfällig und garantieren jedem Teilnehmer seine individuellen Eigentumsrechte

Nachteile und mögliche Probleme dezentraler Blockchains:

  • Dezentrale Netzwerke arbeiten relativ langsam, zugleich verursacht die Dezentralisierung verzögerte Ausführungen von Transaktionen
  • Dezentralisierung ist aufgrund der durch sie eingeführten „Redundanz“ mit hohen Kosten verbunden. Dadurch ist sie bestimmte Anwendungen eher hinderlich

Sicherheit

Ist von der Sicherheit in einer Blockchain die Rede, geht es darum, dass ein Netzwerk imstande ist, Transaktionen unwiderruflich fest- bzw. aufrechtzuerhalten. Grundlage für diese Garantie sind Belohnungen in Form eigener Ressourcen, die Teilnehmer der Systeme investieren müssen. Mit der Höhe der Aufwendungen steigt die Blockchain-Sicherheit. Einmal verdient hier der Begriff „Double Spending“ Erwähnung. In der Vergangenheit kam es etwa zu einem Angriff auf das Ethereum Classic-Netzwerk. Indem sich besagter Angreifer einen Anteil von 51 Prozent der gesamten Hash-Power sichert, gelang ihm die Neu-Ausrichtung von mehr als 4.000 ETC-Blöcken. Möglich wurde der Zwischenfall (mit einem doppelt ausgegeben ETC-Kontingent im Gegenwert von damals beinahe zwei Millionen US-Dollar), da der Angreifer für die besagte Hash-Power weniger ausgeben musste, als die Blockchain-Werte zum Zeitpunkt der 51-Prozent-Attacke den durch Teilnehmer der Blockchain investierten Belohnungen wert waren.

Als Vorteile von Blockchain mit dem Schwerpunkt Sicherheit gelten diese Aspekte:

  • Blockchains dieser Art erlauben auch Überweisungen mit sehr hohem Gegenwert
  • sie arbeiten sowohl günstiger als auch schneller als andere Blockchain-Methoden
  • die Mitglieder der Netzwerke selbst sorgen für die Sicherheit in öffentlichen Blockchains

Der wesentliche Nachteil von Sicherheits-zentrierten Blockchains:

  • ein grösserer Ressourcen-Bedarf (Investitionen, Belohnungen, etc.)

Abschliessende Zusammenfassung zum Blockchain Trilemma

Seit Jahren steht vor allem die Skalierbarkeit vieler Blockchains – nicht zuletzt die Bitcoin Blockchain – in der Kritik. Auch Ethereum hatte wiederholt gerade in diesem Punkt mit Problemen zu kämpfen. Der Hardfork Bitcoin Cash (BCH) etwa reagierte mit einer Aufstockung der Grösse einzelner Blöcke in der Kette auf die früheren Schwierigkeiten bezüglich der Skalierbarkeit. Im Bitcoin-Universum wiederum sollen seit längerem Layer 2-Lösungen für Abhilfe sorgen. Auch in anderen Blockchains gibt es in diesem Zusammenhang immer wieder neue Ideen, um Schwachstellen früher Jahre als der Welt zu schaffen. Perfekte Konzepte gibt es bisher zwar nicht – genau genommen kann diese aus Expertensicht aufgrund des steten Wandels und steigenden Interesses an der Blockchain-Technologie im Grunde auch nicht geben. Auch in Zukunft wird es eine zentrale Herausforderung für Systeme sein, die bestmögliche „Mischung“ aus den Qualitäten Skalierbarkeit und Dezentralisierung auf der einen und die Sicherheit auf der anderen Seite zu erreichen.

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