Nach seinem letzten Auftritt vor dem US-Kongress sah sich Mark Zuckerberg mit teils heftiger Kritik konfrontiert. Marionettenhaft habe er gewirkt. Nicht offen genug geantwortet habe er auf die kritischen Fragen der Abgeordneten. Bei seiner zweiten Anhörung machte der Chef von Facebook schon eine deutlich bessere Figur. Auf der einen Seite wirkte er deutlich entspannter und besonnener in der Vorbereitung auf seine Fragen zum Vorhaben der Libra Association rund um den geplanten Facebook Stablecoin Libra und die zugehörige Wallet Calibra. Sogar Menschlichkeit attestieren dem Multimilliardär etliche Beobachter, die mit Spannung auf die neuen Stellungnahmen warteten. Dabei hielten sich die Fragesteller keineswegs zurück während der insgesamt über sechs Stunden andauernden Anhörung.

Abgeordnete wollten Facebooks Libra ins Kreuzfeuer nehmen

Besonders kritisch: Etliche Abgeordnete aus den Reihen der demokratischen Partei. Einige Nachrichtenmedien sprachen gar von einer Art „Generalabrechnung“, mit der sich Zuckerberg befassen musste. Gemutmasst wird nun, dass der Social-Media-Gründer tatsächlich am richtigen Auftritt geprobt haben könnte. Denn im Vergleich zum Kongress-Termin vor 1,5 Jahren war der neue Termin ein Unterschied wie Tag und Nacht. Trotz einiger humorvoller Abgeordneten-Statements (beispielsweise über die akkurate Frisur des Facebook-Chefs) hagelte es vor allem Kritik. Die Vorsitzende des Ausschusses, Maxine Waters, etwa sprach gar von einer „Lizenz zum Lügen“, die Zuckerberg Politikern angeblich ausgestellt habe. Die Demokraten kritisierten Facebook insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden US-Wahlen.

Facebooks System des „Faktencheck“ für die Analyse politischer Werbung und Aussagen gebe Politikern wie Präsident Trump die Chance, frei falsche Meldungen und Daten in Umlauf zu bringen. Den Wind konnte Zuckerberg diesen Vorwürfen letztlich nicht wirklich aus den Segeln nehmen. Wie und wann zensiert wird, bleibt im Unklaren.

Zuckerbergs zweiter Auftritt fiel gelassener aus

Um Politik soll es hier aber nur am Rande gehen. Wichtiger sind Zuckerbergs Erwiderungen, wenn es um die Währung Libra geht. Diese wurde von etlichen Politikern in den USA wie auch in Europa  als Risiko für das Finanzsystem bewertet. Dieser Meinung sind auch verschiedene Mitglieder des Finanzausschusses, vor dem Zuckerberg Rede und Antwort stehen musste. Der Facebook-CEO verteidigte „seine“ Digitalwährung – mit Nachdruck, aber mit aller Höflichkeit. Aus der Rolle fiel er nicht. Auch nicht als er von Fragestellern mit – unabsichtlich oder bewusst – mit falschen Namen angesprochen wurde. Ein Beispiel: „Mr. Zuckerman“. Etliche Antworten blieb er weiter schuldig. Etwa die auf die Frage nach der Zahl der Anwaltskanzleien, die für Facebook arbeiten und unter der Führung von Minderheiten stehen.

Behörden-Mitwirkung als Voraussetzung für Libra-Start

Libra aber verteidigte Zuckerberg abermals rhetorisch so gut es ging im US-Kongress, Die Kritik rund um den Globus sei insofern unberechtigt, das Facebook natürlich auf die Freigabe durch die Regulierungsbehörden der USA warten werde. Gegen den Willen der Behörden werde man nicht aktiv. Und explizit bei diesem Thema gibt es mehr als genug Bedenken – etwa das Missbrauchsrisiko durch (Cyber-) Kriminelle. Dass die behördlichen Prüfungen noch Zeit brauchen, nimmt Zuckerberg scheinbar in Kauf. Ohne Gegenwehr blieb die Anhörung nicht. So warnte das Facebook-Oberhaupt den Kongress vor der Konkurrenz aus China. Dort arbeite man auf Hochtouren an einer „Libra-Kopie“, während es in den USA Widerstand zu viel gegen innovative Technologien gebe.

Eine der wichtigsten Forderungen der Zuckerberg-Kritiker:

Der Konzern dürfe nach dem Start von Libra keine Daten zu Transaktionen kontrollieren und für Werbung und andere Zwecke auswerten. Eine vergleichbare Situation hatte es seinerzeit schon rund um die Übernahme von WhatsApp gegeben. Auch damals versprach Facebook mehr oder weniger verbindlich auf Datenauswertungen zu verzichten.

Andere Themen bekamen bei Anhörung mehr Aufmerksamkeit

Mit nicht gerade grossem Erfolg. Gerade die Calibra-Wallet sehen Branchenkenner als guten Weg für Facebook, um rentable Werbung der Partner unkontrolliert zu verbreiten. Zusammenfassend fällt auf: Der eigentliche Anhörungsgrund – die Währung Libra – fand sich am Ende eher als Randnotiz auf den Fragelisten der Abgeordneten. Stattdessen ging es eher um Zuckerbergs Verständnis von Demokratie, das (fehlende) Verbrauchervertrauen und frühere Datenskandale. Daran änderte auch die Aussage des Abgeordneten Brad Sherman wenig. Sherman äusserte, Libra könne zum Devisenliebling all derer sein, die „den Dollar nicht mögen“. Gemeint sind damit natürlich Drogenkriminelle oder auch Unternehmen und Verbraucher, die den Fiskus betrügen möchten.

Facebook ist nicht gleich Libra: Kommen sogar mehrere Token?

Für Zuckerberg hingegen sind Facebook und Libra zwei voneinander zu betrachtende Dinge. An anderer Stelle kamen aus dem Umfeld der Libra Association Überlegungen auf, dass man statt eines Libra-Coins sogar mehrere unterschiedliche Stablecoins an den Markt bringen könnte. Diese könnten statt an den bei Libra geplanten Korb verschiedener Fiatgelder jeweils an einzelne Sorten wie den Dollar oder den Euro gekoppelt sein. Starten soll das Libra-Projekt aber so oder so 2020.

G20 und G7 sehen viele Risiken bei privaten Stablecoins

Während sich Facebook-Gründer Zuckerberg abermals den Fragen des US-Kongresses stellen musste, meldeten sich an anderer Stelle erneut die G7-Staaten zu Wort. In der vergangenen Woche waren die G20 Länder überein gekommen, dass Libra und andere Stablecoins in mehrerlei Hinsicht eine Gefahr darstellen. Geldwäsche und Kriminalitätsfinanzierung sind nur zwei Probleme. Die Verletzung von Anlegerrechten bezeichnen die Staaten in einer gemeinsamen Erklärung als zusätzliches Risiko. Hinzu kommen eine Bedrohung für das globale Finanzsystem, worauf auch ein Bericht einer G7-Sonderkommission aktuell hinweist.

Unternehmen wird der Stablecoin-Verzicht empfohlen

Die Kommission sprach sich deshalb dafür aus, dass die Länder der G7 Libra keine Freigabe erteilen sollten. Einig sind sich die Finanzminister des Verbundes, dass private Stablecoins zum Schutz des staatlichen Währungsmonopols – wenn überhaupt – nur unter sehr strengen Auflagen der Regulierungsbehörden zugelassen werden. Die G7-Staaten gehen dabei gar so weit, Unternehmen zu warnen, sie sollten auf die Entwicklung eigener Stablecoins nach dem Vorbild des Libra zu verzichten.

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