Schon seit einer ganzen Weile entwickelt sich die Lage rund um die Krypto-Börse BitMEX ausgesprochen dynamisch. Die Meldungen seit Anfang Oktober sind nicht die ersten, wenn es um mögliche rechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen in der Führungsetage der bekannten Plattform geht. Die aktuellen Meldungen rund um die regelrechte „Jagd“ auf den Gründer der Derivatbörse schlagen so hohe Wellen, dass nicht nur reine Branchenportale über den Stand der Dinge berichten. Auch das renommierte Portal „Capital.de“ aus dem Hause Gruner + Jahr befasste sich mehrfach mit der Nachrichtenlage.

Derivatbörse steht schon seit längerem in der Kritik

Im Mittelpunkt der Ermittlungen von US-Behörden steht unter anderem ein vermeintlich unsachgemässer und nicht ausreichender Umgang mit der Umsetzung staatlicher Regeln im Kampf gegen Geldwäsche. Dabei hatte sich die oft als Nummer zwei unter den Krypto-Derivat-Anbietern bezeichnete Plattform selbst wiederholt zu Wort gemeldet und von umfassenden Bemühungen zur Umsetzung der verlangten Prozesse gesprochen. Börsen-Gründer Arthur Hayes wehrt sich seit langem gegen Vorwürfe, sein Unternehmen profitiere vor allem vom Scheitern seiner Kundschaft. Dass die Börse auf den Seychellen beheimatet ist, machte den Zugriff auf die Verantwortlichen für Ermittler schwierig. Einer der führenden Kritiker ist und war der Wirtschaftsexperte Nouriel Roubini.

Er warf Hayer bei direkten und indirekten Gesprächen vor, BitMEX verweigere sich der Realisierung erforderlicher Anti-Geldwäsche (AML)-Standards und Massnahmen für einen verbesserten Anlegerschutz.

Plattform-CEO gab sich lange gelassen und sogar unantastbar

Hayes liess sich von den kritischen Stimmen nicht sonderlich beeindrucken. Anfang Oktober überschlugen sich dann die Berichte in und ausserhalb der Kryptowelt. Denn beim Southern District of New York hat die Staatsanwaltschaft sowohl gegen Hayes als auch Mitgründer Klage erhoben. Eben deshalb, weil das Unternehmen nicht für „funktionierende Prozesse im Kampf gegen Geldwäsche über die Plattform gesorgt habe. Vollkommen unerwartet trafen die Schritte die Unternehmensführung aber wohl nicht. Warum sonst hätte man zuletzt nach Lösungsansätzen gesucht, um mit der Unterstützung von Experten im Bereich „Know-your-Customer“ (KYC) doch noch den Aufforderungen nachzukommen. Die Ermittler in den USA hatte dies wenig beeindruckt, wie die juristischen Aktivitäten verdeutlichen.

Auch CFTC und US-Justiz klagen das Unternehmen an

Umso brisanter wird es deshalb das Krypto-Derivatebörse BitMEX auch vonseiten des US-Justizministerium und zusätzlich der Commodity Futures Trading-Commision (CFTC) mit einer Anklage konfrontiert wurde. Hier lautet der Vorwurf: BitMEX-CEO Hayes und seine Kollegen führen eine Handelsplattform, die schlicht nicht registriert ist. In den Zeitraum dieser Meldungen fallen auch Meldungen zu deutlichen Rückgängen des Bitcoin-Preises. Die CFTC verweist in einer aktuellen Stellungnahme auf den Betrieb eines Handelsplatzes im Marktbereich der Terminkontrakte ohne die entsprechende Genehmigung der Kommission in den USA. Der Verstoss gegen verschiedene bedeutende Regeln – eben hinsichtlich des Geldwäsche-Risikos und fehlender Programme zur Aufnahme von Kundeninformationen – fallen da fast schon leicht ins Gewicht. Eine Festnahme hat es in Massachusetts gegeben, weitere könnten Folgen.

BitMEX als Auslöser von Problemen im DeFi-Sektor?

Viel wird nun darüber spekuliert, was die Entwicklungen für den Bitcoin und ebenso den boomenden Bereich Decentralized Finance (DeFi) bedeuten. Richtig ist: Wenn bei derart wichtigen Börsen rechtliche Schwierigkeiten auftreten, werden viele Anleger und Investoren fraglos hellhörig.  Dass etliche Projekte im DeFi-Sektor um zunehmende Dezentralisierung ihrer Governance-Systeme bemüht sind, könnte bei Behörden zu weiterem Unmut führen. Die Regulierungs- und Aufsichtsbehörden werden gewiss nicht tatenlos zuschauen, wenn Betreiber versuchen, sich den Kontrollen zu entziehen. So könnte BitMEX eine Art Initialzündung für den Markt werden. Zumal es auch branchenintern einige skeptische Stimmen dahingehend gibt, wie gut eine extrem dezentrale Ausrichtung der Protokolle überhaupt gelingen kann.

Ist BitMEX nur die Spitze des Eisbergs bei AML-Problemen?

Was im zeitlichen Umfeld ebenfalls belastend wirkt, zeigt sich an aktuellen Studien. Etwa der aus dem Hause CipherTrace, die unter anderem beim Dienstleister CoinDesk zitiert wurde. Eine aktuelle Analyse zeigt, dass die erkennbaren Grauzonen beim Thema Regulierung zum Problem für die DeFi-Sektor und ihren rasanten Aufstieg werden könnten. Die CipherTrace-Experten attestierten, dass sage und schreibe etwa die Hälfte aller Bitcoin-Börsen in nicht ausreichendem Umgang Daten ihrer Kundinnen und Kunden erhebt. Nicht nur bei Einsteigern in den Krypto- und DeFi-Markt führen solche Aussagen zu Sorgenfalten. Auch etliche Branchenkenner stufen diese Erkenntnisse als problematisch. Kein Wunder also, dass neben dem Bitcoin gleich eine ganze Reihe von DeFi-Token einen deutlichen Einbruch erlebte in den vergangenen Tagen. Der Trend könnte sich fortsetzen.

Direkte Konkurrenten könnten Profit aus der Entwicklung ziehen

Ungeachtet dessen, welche Folgen die Ermittlungen und Klagen am Ende für BitMEX und das Börsen-Management haben werden. Es sind gerade vergleichbare drohende Konsequenzen mit Blick auf andere Börsen, die den Markt noch eine Weile belasten könnten. Es gibt indes auch einige Profiteure von der Klage(n) gegen BitMEX. Direkte Konkurrenzen wie Binance können Nutzen aus den Schwierigkeiten ziehen. Der Binance Coin (BNB) konnte sich dem übergeordneten Kurstrend vieler Altcoins widersetzen. Wie so oft in ähnlichen Situationen in der Vergangenheit verhalten sich etliche führende Coins und Token derzeit etwas orientierungslos. Dies kann sich aber schnell ändern, wenn zum Beispiel Anleger Mitbewerber für sich entdecken, die bezüglich der Umsetzung regulatorischer Richtlinien bereits einen guten Schritt weiter sind. Zum wissen viele Marktteilnehmer durchaus zwischen Betreibern und Chancen der Währungssysteme (auch im Falle von DeFi) zu unterscheiden.

Selbst wenn es schon bald zu Verurteilungen – gerade im Falle Hayes und seiner Mitstreiter – kommen sollte, werden viele Investoren schlicht nach anderen Möglichkeiten suchen. Es wäre nicht das erste Mal, dass nach dem schnellen Aufstieg eines Kryptoanbieters der schnelle Fall folgt. Ebenso schnell werden Krypto-Fans erkennen, dass die Korrekturen (ob nun im direkten Zusammenhang mit dem BitMEX-Dilemma oder nicht) Möglichkeiten für günstige Einkäufe am Markt führen könnten.

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