DeFi sollte TradFi erst mal nicht bekämpfen. Das zumindest glaubt Avalanche-Erfinder Emin Gün Sirer und äussert sich entsprechend auf dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos. Statt mit der klassischen Finanzbranche auf Kriegsfuss zu stehen, soll die Kryptobranche sich darum bemühen, deren Schwachpunkte zu beheben.

DeFi sollte TradFi nicht bekämpfen – Emin Gün Sirer

Emin Gün Sirer ist einer der Erfinder der Avalanche-Blockchain und Geschäftsführer des zuständigen Entwicklerstudios Ava Labs. Dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos, das vom 16. bis zum 20. Januar stattfindet, wohnt der türkische Programmierer bei.

Journalist Gareth Jenkinson nutzte die Gelegenheit, um Sirer die Frage zu stellen, wie sich das Verhältnis zwischen DeFi und TradFi künftig entwickeln wird. Der Programmierer erklärt überzeugt:

Ich glaube nicht, dass DeFi die klassische Finanzbranche bekämpfen sollte. Zumindest erstmal nicht.

Die dezentrale Finanzwelt, die durch Ethereum begründet wurde, versucht die Bedeutung zentraler Stellen in der Finanzbranche zu schmälern. Bisher gelingt das jedoch nur mit Abzügen. DeFi bildet Hackern extrem lukrative Angriffsvektoren, die jährlich zu Milliardenschäden führen.

Ausserdem lässt sich das normalerweise angewandte vertrauenslose Prinzip nicht sinnvoll auf sämtliche Funktionen im DeFi-Sektor anwenden. Die Leihgabe von Geldern setzt etwa eine Übersicherung voraus. Für viele Personen, die Kredite von Banken erhalten, käme diese Option nicht infrage.

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DeFi erreicht andere Zielgruppen als TradFi

Diese praktischen Unterschiede bemerkt auch Sirer, der darauf spekuliert, dass DeFi andere Zielgruppen erreichen kann als die klassische Finanzwelt.

Wir können Personen Dienste anbieten, die von TradFi überhaupt nicht bedient werden.

Führt er aus. Seiner Erkenntnis nach gibt es viele Menschen rund um den Globus, die Interesse daran haben, an gerechten Finanzplattformen zu partizipieren – und genau das ist DeFi.

Attraktiv sei das vor allem für Personen aus wirtschaftlich instabilen Regionen. Weil man diese speziellen Zielgruppen so effektiv erreichen könne, sei DeFi darüber hinaus auch für etablierte Finanzinstitutionen wie Banken ein interessantes Werkzeug. Sirer glaubt, die Firmen könnten bisher nicht erschlossene Zielgruppen dort bedienen.

Die zwei eingänglich verschiedenen Weltanschauungen der Finanzsektoren seien dazu bestimmt, künftig immer weiter zu verschmelzen, eben weil sie sich gegenseitig vervollständigen.

Gleichwohl dürften etablierten Finanzinstitutionen nicht den Fehler machen, zu glauben, dass die Kryptobranche und damit auch DeFi bald verschwindet. Der Zusammenbruch von zentralisierten Unternehmen wie FTX werfe laut Sirer ein falsches Bild auf die Kryptobranche. Die Fehler waren schliesslich menschlicher und nicht technischer Natur.

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