Zwei ähnliche Geschäftsmodelle, zwei ähnliche Ideen, aber andere Lösungsansätze: Der im russischen Raum sehr populäre und weitverbreitete Messenger-Dienst Telegram arbeitet schon seit längerem am eigenen Token GRAM. Und scheinbar sind die Asiaten Facebook und Libra mehrere Schritte voraus. Während in den USA und Teilen Europas (Frankreich und Deutschland wollen Libra beispielsweise komplett verbieten) heftig über Libra diskutiert wird, obwohl die Arbeiten am Facebook-Token noch gar nicht richtig gestartet sind, hat Telegram bereits mit einem ICO eine Menge eingesammelt und plant bereits erste Tests. So seien mit Investoren aus Asien, Russland und den USA rund 1,7 Milliarden Dollar durch ein Initial Coin Offering, kurz ICO, in lediglich zwei Runden eingesammelt worden sein. Dabei haben sich laut New York Times Tech-Investoren-Grössen wie Benchmark, Sequoia, Kleiner Perkins oder Lightspeed Capital überzeugen lassen und sind eingestiegen.

Der Token Gram soll noch 2019 erscheinen und als Kryptowährung für den Alltag einsetzbar sein. GRAM selbst wird auf Blockchain-Basis entwickelt und ist Bestandteil des Telegram Open Network (TON). Für die Kryptowährung bedeutet das, dass sie auf einer dezentralen Blockchain-Struktur über ein verzweigtes Netzwerk an Computern gehostet werden wird, die niemandem, Telegram eingeschlossen, eine Kontrolle darüber erlauben soll, wer wem wie viel wohin und wofür zahlt.

Telegram Token GRAM kurz vor Start?

So wird unbestätigten Quellen zufolge ein Start im Oktober diesen Jahres vermutet. Auch wenn es seitens Telegram selbst noch keine Aussagen dazu gibt. Dass der Token kommen wird, darauf lassen Meldungen von Dritten schliessen. So kündigte die Krypto-Börse Liquid in einer Pressemitteilung im Sommer an, dass man GRAM listen werde.

Nun stellt sich die Frage: Was hat Telegram, was Facebook nicht hat?

Auf den ersten Blick sind die beiden Projekte ähnlich und verfolgen vermeintlich ähnliche Ziele: Einen Token respektive eine digitale Währung als Zahlungsmittel innerhalb der Kommunikationsplattformen lancieren um die Themen Kommunikation und Zahlungsverkehr miteinander zu verknüpfen. Aufgrund der enormen Reichweiten scheint dies für die Betreiber Facebook und Telegram äusserst lukrativ. Genau dort setzen aber die Bedenken von Staaten, Währungshütern und Regierungen ein. Währungen könnten und sollten nicht von Privatunternehmen gesteuert und mit wirtschaftlichen Zielen werden. Die Macht wäre zu gross und der potentielle Schaden immens. Daher scheint es schon überraschend, dass GRAM im Vergleich zu Libra etwas unter dem Radar zu schwimmen scheint.

Telegram war dort wohl etwas geschickter. Zum einen haben sie früher auf das Pferd «digitale Währung» gesetzt. Dort war wohl schlichtweg mehr möglich. So wäre es wohl im Moment schwer vorstellbar, dass Facebook einen Libra-ICO durchführen und abwickeln kann.

Taktisch gesehen war es wohl auch nicht so clever, dass man bereits vorab eine Menge an Allianzen mit namhaften Unternehmen geschmiedet und kommuniziert hat. Diese Transparenz hat wahrscheinlich das Gegenteil von dem bewirkt, was Facebook erhofft hat. Es sind plötzlich alle gegen das Projekt. Da hat Telegram wohl bereits mehr Tatsachen im Vorfeld und unter Ausschluss der Öffentlichkeit geschaffen.

Libra: Liste der Partner, die der Libra Association angehören
Libra: Liste der Partner, die der Libra Association angehören

Zudem steht und stand Facebook aufgrund der Datenschutz-Verfehlungen bereits schon vor Libra unter erhöhter Beobachtung. Dort lag es wohl auch etwas den Gegebenheiten, dass sich nun alle Medien und Regierungen auf Facebook stürzen.

Aus Sicht der Währungen selbst gibt es allerdings einen grossen Unterschied: Facebook Libra soll eine Art Stable Coin werden. GRAM hingegen scheint vollkommen auf den freien Markt und ohne Bindung zu setzen. Dies ist aus User-Sicht natürlich mit mehr Risiken verbunden.

Aber grundsätzlich muss man sagen: Ja, Telegram ist mit GRAM ein Stück weiter als Facebook mit Libra. Auf der anderen Seite, da kann man von Libra und Facebook halten, was man möchte, suchen die Verantwortlichen von Libra von Anfang an die Öffentlichkeit. Auch das Vorhaben, Libra an einen Korb von verschiedenen und bestehenden Währungen zu binden um Schwankungen zu vermeiden, soll wohl mehr Vertrauen schaffen. Zudem geben sie an, dass sie Libra regulieren lassen wollen. Ob dies der Wahrheit entspricht, sei dahingestellt. Daher scheint Libra, nüchtern betrachtet, etwas seriöser angedacht zu sein. Es bleibt auf jeden Fall spannend.

GRAM und Libra: Wie geht es weiter?

Wenn es sich bewahrheiten sollte, dass GRAM zeitnah in erste Tests geht und dann auch offiziell startet, wird es spannend sein, zu beobachten, wie die hiesigen Währungshüter und Regierungen reagieren.

Beim Blick auf die Starttermin für Libra zeigen sich im Moment mehr Fragezeichen als Antworten. So ist im Moment sogar offen, ob Libra überhaupt weiterverfolgt werden kann oder ob der Gegenwind so stark wird, dass der Social Media Riese seine Pläne ad acta legt.

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