Crypto.com ist erneut wegen einer fehlerhaften Transaktion in den Schlagzeilen. Ganze 400 Millionen US-Dollar seien in Form von 320.000 Ethereum unabsichtlich in die Hot Wallet eines Konkurrenten geraten. Teile der Krypto-Szene zweifeln diese Aussage an und unterstellen absichtliche Manipulation.

Crypto.com überweist 400 Mio. in ETH an Gate.io

Am 21. Oktober überwies Krypto-Börse Crypto.com dem konkurrierenden Unternehmen Gate.io einen Betrag von 400 Millionen Ethereum. Diese Entdeckung machte ein Twitter-Nutzer und konfrontierte Kris Marszalek mit dem Fund.

Marszalek ist der Geschäftsführer von Crypto.com. Er rechtfertigte die Geldsendung mit dem Versuch, die Kryptowährungen von einer Hot Wallet an eine Cold Wallet zu überbringen. Aus Versehen sei das Vorhaben gescheitert.

Stattdessen habe man die Kryptowährungen auf eine andere Adresse verbracht, die ebenfalls zur Whitelist des Unternehmens gehört. Demnach gehört diese Wallet Gate.io. Die konkurrierende Krypto-Börse sendete das Geld anschliessend an eine Cold Wallet von Crypto.com zurück.

Neue Prozesse und Funktionen wurden etabliert, um solche Fehler in Zukunft zu verhindern.

Fügt Marszalek seiner Erklärung hinzu. Crypto.com unterhält ein Firmenkonto bei Gate.io, auf dem die Kryptowährungen landeten. Die Rückzahlungen veranlasste man also eigenhändig.

Versteckt Crypto.com seine Illiquidität?

In der Krypto-Szene wirft das angebliche Missgeschick unterdessen kritische Fragen auf. Wie kann es passieren, dass so viel Geld aus Versehen an den falschen Empfänger gerät? Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass Crypto.com ein solcher Fehler unterläuft.

Bereits im September berichtet CoinPro über einen ähnlichen Vorfall. Im Mai 2021 erhielt eine Nutzerin von Crypto.com einen viel zu Hohen Betrag erstattet. Statt 100 US-Dollar empfängt die Betroffene über zehn Millionen US-Dollar. Ein Mitarbeiter hatte augenscheinlich die Telefonnummer der Kundin in das Feld des Geldbetrages eingefügt.

Teile der Krypto-Szene werten die fehlerhaft versendeten Ethereum allerdings als bewusste Manipulation. Sie betrachten die Sendung im aktuellen Kontext und glauben: Gate.io und Crypto.com transferieren Gelder untereinander, um fehlende Liquidität zu vertuschen. Einige Nutzer glauben, dass weitere Krypto-Börsen involviert seien.

So könnte ein und derselbe Betrag mehrfach in den Reserven unterschiedlicher Krypto-Börsen auftauchen, sobald eine Bilanz gezogen wird. Tatsächlich führte der aktuelle FTX-Crash zum Ruf nach mehr Transparenz.

Mehrere Krypto-Börsen kündigten daher bereits die Offenlegung ihrer Reserven an. Dazu gehört auch Crypto.com. Die Argumentation weist an dieser Stelle jedoch eine Lücke auf. Da die betroffene Transaktion bereits am 21. Oktober stattfand, lässt sie sich mit den aktuellsten Entwicklungen nicht in Verbindung bringen.

Aussagen eines ehemaligen Mitarbeiters von Crypto.com befeuern die Gerüchte unterdessen. Dieser zeigt sich überzeugt: Ein Fehler kann nicht unterlaufen sein. Es muss sich um Absicht gehandelt haben. Indizien dafür lassen sich jedoch nicht feststellen.

Nach bisherigen Informationen lässt die Transaktion allenfalls eine Kritik an der Professionalität der verantwortlichen Mitarbeiter zu.

Reserve von Crypto.com führt zu Kritik

Während die Szene zunehmend die Offenlegung der Reserven von Krypto-Börsen fordert, reagiert auch Marszalek geschwind. In Zusammenarbeit mit Nansen veröffentlicht Crypto.com einen Teil seiner Reserven, die auf transparenten Blockchains nachzuempfinden sind.

Crypto.com Reserve
Crypto.com: Anteile innerhalb eines Ausschnitts der Reserve des Unternehmens.

Daraus geht jedoch hervor: Crypto.com hält einen grossen Teil seiner Gelder im Memecoin Shiba Inu (SHIB). Rund 513 Millionen US-Dollar sind es, die auf mehreren Wallets verteilt sind. Dieser Betrag wird nur durch den Bitcoin überboten.

Crypto.com hält 802 Millionen US-Dollar in Form von BTC – und damit 33 Prozent des aktuell bekannten Portfolios. SHIB bildet darin 21 Prozent ab, gefolgt von ETH mit 16 Prozent. Eine umfassende Auditierung soll schon bald folgen.

Das Problem: SHIB ist eine Spasswährung. Der praktische Nutzen des ERC-20 Token ist äusserst gering. Als entsprechend niedrig muss man die Preisstabilität des Tokens einstufen. Crypto.com ist daher für starke Verluste empfindlich, so zumindest lautet die Kritik.

Allerdings hält Crypto.com lediglich die Anlagen, in die seine Kunden investieren. Wichtig ist hierbei nur, dass die erworbenen Kryptos tatsächlich in der exakten Stückzahl vorhanden, in der sie die Kunden erworben haben.

Ist Binance nun die beste Zuflucht?

Erneut gehört Binance zu den Auslösern der Kritik an Crypto.com. Einige Nutzer verlassen Crypto.com daher ähnlich zum Bankensturm auf FTX. Manche Kommentatoren auf Twitter erwarten bereits einen erneuten Kollaps.

Fakt ist: Binance ist bereits die mit Abstand grösste Krypto-Börse. Ihr Handelsvolumen ist rund zehnmal höher als das des aktuell zweitplatzierten Marktplatzes Coinbase. Natürlich hat Binance ein monetäres Interesse am Zusammenbruch direkter Konkurrenten.

Jeder Kommentar seitens Binance oder dessen gesprächigen Geschäftsführers CZ sollte also mit Vorsicht genossen werden. Jüngst kritisiert er seine Konkurrenz auf Twitter. Dort schliesst er sich der These an, dass Transaktionen zwischen Börsen zur Manipulation stattgefunden hätten.

Binance selbst ist in der Szene allerdings längst dafür bekannt, die Auszahlung von Kryptowährungen über Tage oder Wochen einzustellen. Diese Stopps treten dann in Kraft, wenn Nutzer eine grosse Anzahl eines bestimmten Coins auszahlen.

Dieses Verhalten spricht also dafür, dass Binance selbst immer wieder illiquide ist. Ständige Zwischenfälle mit Monero sind bekannt. In dessen Nutzergemeinde gilt die Krypto-Börse daher als unzuverlässig und die wiederkehrende Illiquidität von XMR als offenes Geheimnis.

Unklar ist daher, ob Binance Kundengelder wirklich wie versprochen unangetastet hält. Die Internas der meisten Krypto-Börsen sind bislang undurchsichtig.

Wie bewertet CoinPro Binance? Finde hier unseren Review!

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