Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA erschüttert die Krypto-Industrie mit einer neuen Regel zum Thema Staking, die möglicherweise Anwendung findet. Ob es zur Durchsetzung kommt, sei bislang nicht gewiss. Branchenvertreter warnen eindringlich. Darum könnte eine Praxisänderung der Behörde so schädlich sein.
FINMA erschüttert Schweizer Krypto-Industrie mit neuer Staking-Regel
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) erschüttert die Schweizer Krypto-Industrie mit einer neuen Regel, deren tatsächliche Umsetzung jedoch nicht feststeht. Der jungen Kryptobranche könnte ein Staking-Verbot drohen, wie aus mehreren Berichten hervorgeht.
Laut Angaben der Swiss Blockchain Federation, die in Zusammenarbeit mit der Crypto Valley Association ein Warnschreiben anfertigte, kündigte die Schweizer Finanzaufsicht eine Praxisänderung an.
Um Staking-Dienste anbieten zu dürfen, müsste der Anbieter dann eine Bank sein. Aktuell entspricht das nicht der gängigen Praxis der Branche. Viele Nutzer nehmen am Staking mit Hilfe von Krypto-Unternehmen wie Krypto-Börsen teil. Besonders gefragt ist diese Option bei Blockchains mit hohen Einstiegshürden – etwa Ethereum.
“Die Schweizer Blockchain-Industrie warnt, dass Staking damit aus der Schweiz heraus nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Konditionen angeboten werden kann”, erklären die beiden oben genannten Verbände SBF und CVA.
Schuld an der Änderung seien laut FINMA die Mechanismen im Hintergrund des Stakings. SBF und CVA schreiben dazu:
Die FINMA begründet die Praxisänderung mit der vorübergehenden Blockierung von Vermögenswerten durch Staking-Protokolle (Lock-Up) und dem Risiko, dass bei einer Falschvalidierung oder einem sonstigen Regelverstoss der Teilnehmenden deren Vermögenswerte eingezogen werden (Slashing).
Weil die angelegten Vermögenswerte dadurch nicht mehr zu jeder Zeit verfügbar sind, bedürfe die Verwaltung einer rechtlichen Zulassung als Bank. Es handele sich rechtlich gesehen statt um Depotwerte um Publikumseinlagen. Viele Krypto-Unternehmen haben keine solche Lizenz.
Die Schweizer Kryptobranche will die Durchsetzung dieser Idee verhindern. “Die Schweizer Blockchain-Industrie hält diese Interpretation für falsch und warnt vor potenziellen
negativen Folgen. Staking ist in keiner Weise mit Transformationsleistungen verbunden und ist damit nicht mit dem Aktivgeschäft der Banken vergleichbar”, heisst es in dem Schreiben.
Gefährdet die FINMA das bahnbrechende DLT-Gesetz?
Die Industrieverbände haben Sorge, dass die FINMA die Bedeutung des bahnbrechenden DLT-Gesetzes möglicherweise gefährden könnte. Mathias Imbach, Geschäftsführer der schweizerischen Sygnum Bank, erklärte dazu in einem Interview mit Tippinpoint:
“Das DLT-Gesetz ist fortschrittlich und hat in der Schweiz früh für mehr Klarheit im Vergleich zu anderen Ländern geschaffen.” Ihm zufolge spielt das Gesetz für die gute Positionierung der Schweiz in der Kryptobranche eine wichtige Rolle.
SBF und CVA stimmen dieser Erkenntnis zu. Sie schreiben:
Die beabsichtigte Praxisänderung würde auch die Rechtssicherheit gefährden, die mit der vom Parlament einstimmig verabschiedeten DLT-Gesetzgebung erreicht wurde.
Statt einer höheren Sicherheit für Endverbraucher müsse man eine Abwanderung der Kunden an ausländische Anbieter erwarten. Kommt es zu der Änderung, seien weder Schweizer Banken noch Krypto-Dienstleister wettbewerbsfähig. Schweizer Endverbraucher könnten keinen Anspruch auf eine Einlagensicherung im Staking-Fall mehr geltend machen.
“Falls eine Schweizer Bank ein solches Angebot trotzdem anbietet, (…) würden die Vermögenswerte als Publikumseinlagen behandelt und könnten im Falle eines Konkurses der Bank nicht aus der Konkursmasse ausgesondert werden”, erklärt Imbach.
Auch aus technischer Sicht könnten Zweifel über die Vorgabe der FINMA aufkommen. Zwar ist eine Lock-Up-Periode aktuell Standard, jedoch wird sie nicht von jeder PoS-Blockchain angewendet. Cardano verzichtet auf dieses Prozedere komplett. Auch ein Slashing von ADA ist nicht möglich.
Staking rückt zunehmend in den Fokus. Immer mehr beliebte Kryptos verwenden den Mechanismus statt PoW. Auch die US-Behörde SEC vermutet Risiken. Sie glaubt, Verwahrer könnten die Anlagen in Wahrheit anders einsetzen.
Für die Sygnum Bank sei das Geschäft mit dem Staking ein wesentlicher Teil des Betriebs und erfreue sich wachsender Popularität. Um die Dezentralisierung der Blockchain zu wahren, warnen Experten jedoch vor der Nutzung zentralisierter Anbieter.