Avenir Suisse, der Think-Tank für marktwirtschaftliche, liberale und wissenschaftlich fundierte Ideen für die Zukunft der Schweiz hat sich mit dem Thema der Blockchain auseinandergesetzt. Auf den ersten Blick reichlich spät, wenn man die Definition eines Think-Tanks als Vordenker und Trendsetter heranzieht. Auch, wenn man bedenkt, dass bereits andere Branchenorganisationen wie die Schweizer Bankiervereinigung die Blockchain zu Priorität 1 ernannt haben.

Die Studie selbst ist dafür umso interessanter. Denn bei der Diskussion über Digitalisierung stehen nicht selten die Risiken im Vordergrund, während die damit verbundenen Möglichkeiten leicht vergessen gehen. Aber genau auf diese Chancen weist die Studie mit dem treffenden Namen Blockchain nach dem Hype – Eine Chance für den Schweizer Finanzplatz hin. Gegenstand der Recherche waren die Chancen, die sich durch die «Distributed Ledger Technology» (DLT) für den Schweizer Finanzplatz bieten. Diese seien definitiv vorhanden und lassen sich in drei Schwerpunkte unterteilen.

Avenir Suisse sieht drei grosse Themenbereiche rund um die Anwendung der Blockchain-Technologie

Die beiden Forscher des Think-Tanks Jennifer Anthamatten und Pascal Lago sehen folgende Bereiche als grosse Chance für die Schweiz an:

  1. Kann die Schweiz ihren relativ kleinen Kapitalmarkt vergrössern, wenn sie sich international als Vorreiter im Handel mit tokenisierten Wertschriften positioniert. Quasi als Nebeneffekt der Kosteneinsparungen durch DLT würde in der Folge auch die allgemeine Kapitalmarktattraktivität für nationale und internationale Emittenten wachsen.
  2. Kann DLT in der Aussenhandelsfinanzierung eingesetzt werden, weil dort der Abschluss eines Geschäfts viele verschiedene Schritte und Akteure involviert. Mit der neuen Technologie werden die Dokumente ohne grossen administrativen Aufwand für alle Beteiligten jederzeit zugänglich.
  3. Eröffnen sich dem Vermögensverwaltungsgeschäft neue Geschäftsmodelle und Kundensegmente, zum Beispiel bei der Verwahrung der Private Keys, die als Zugangsschlüssel zu jedem DLT-System dienen.

Zur gesamten Studie Blockchain nach dem Hype – Eine Chance für den Schweizer Finanzplatz. Hier sei die Schweiz bereits gut aufgestellt und habe in der Vergangenheit schon viel Vorarbeit geleistet. Nach der Pionierzeit steht nun aber der nächste Entwicklungsschritt an. Es gilt, den Wandel weg vom vielzitierten Krypto-Valley hin zu einer DLT-Nation zu meistern.

Die Rahmenbedingungen und eine heikle Forderung

Im zweiten und hinteren Teil der Studie von Avenir Suisse finden sich ein paar spannende Aussagen und eine heikle Forderung.

  • Regulierung: Eine wesentliche Herausforderung liegt darin, die Balance zwischen Rechtssicherheit und schlanker Regulierung zu finden. Gesetzesanpassungen sind grundsätzlich nur dort vorzunehmen, wo die DLT-Kompatibilität im heutigen Rechtsrahmen nicht gegeben ist – dort aber möglichst bald. Es gilt also, die Regulierung technologieneutral auszugestalten. Wo möglich und sinnvoll sollte die Finma zudem das Potenzial von Regtech stärker ausschöpfen, indem sie maschinenlesbare Regulierung zur Verfügung stellt.
  • Spannungsfeld Staat  Privatwirtschaft: Es würde dem tokenisierten Wertschriftenhandel dienen, wenn die Nationalbank zusammen mit wichtigen Branchenakteuren die Entwicklung eines Franken-Tokens vorantrieb Grossen Modernisierungsbedarf gibt es auch an den Schnittstellen des öffentlichen Sektors zur Privatwirtschaft, z.B. bei der e-ID oder dem Grundbuch.
  • AussenbeziehungenDie Schweizer Finanzindustrie ist traditionell international ausgerichtet, wobei der globale Wettbewerbsdruck auch im Bereich DLT steigt. Der Arbeitsmarkt muss für ausländische Fachkräfte offen und attraktiv bleiben. Dies gilt in besonderem Masse für Absolventen von Schweizer Hochschulen aus Drittstaaten, für die heute ein viel zu kleines Kontingent vorhanden ist.

Dabei ist besonders die Forderung der Vordenker besonders heikel: Die Forderung nach einem Franken-Token. Dabei geht es um einen Payment-Token der an den Franken gebunden ist. Dies ist heikel, weil die Verantwortlichen der Schweizer Nationalbank dem Thema bis anhin sehr kritisch gegenüberstanden. Was bei dieser Forderung auch etwas überrascht: Avenir Suisse steht in der Regel für möglichst wenig Staat – die Forderung nach einem Zentralbankgeld hinterlegten Franken-Token passt da eigentlich nicht ins Bild. Es bleibt also spannend, ob die Forderungen von Avenir Suisse Gehör finden.

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