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Deutschland im Bereich digitaler Währungen und der Blockchain als besonders innovationsfreudig zu bezeichnen, wäre eine glatte Übertreibung. Denn das Land und insbesondere die politische Führung präsentiert sich nicht gerade positiv gestimmt, wenn es um Coins wie Bitcoin oder Litecoin geht. Zumindest bisher. Während Bundesbank wie auch Finanzminister Olaf Scholz erst vor einigen Wochen hart über die für 2020 angekündigte Facebook Währung Libra urteilten und sogar über mögliche Verbote nachdachte, will nun ausgerechnet die Bundesregierung überraschend schnell Fortschritte beim Krypto-Thema machen.

Die Arbeit an einer staatlichen „Blockchain-Strategie“ läuft bereits seit einigen Monaten, potenzielle Investoren und Unternehmen konnten Ideen und Wünsche im Rahmen einer Befragung formulieren. Nun könnte gerade der Libra Coin Grund dafür sein, dass schon im laufenden Jahr deutsche Anleihen auf Basis der Blockchain an den Start geschickt werden.

Wertpapiere auf Blockchain-Grundlage für 2019 geplant

Das jedenfalls liess die Grosse Koalition nun durchblicken in aktuellen Stellungnahmen. Dass die Wertpapiere schon 2019 kommen sollen, ist für manchen Beobachter überraschend und ein durchaus anspruchsvolles Vorhaben. Allerdings muss alles wohl schnell gehen, will man Facebooks Plan frühzeitig den sprichwörtlichen Wind aus den Segeln nehmen. Die Bundesregierung möchte scheinbar zumindest innerhalb Europas zu einer führenden Nation im Kryptokontext werden. So könnte Deutschland in der Zukunft ein interessanterer Standort für Startups wie Börsen oder Blockchain-Unternehmen werden. Bis es so weit ist, müssen allerdings etliche juristische Hürden im geltenden Recht überwunden werden, wie Experten zu bedenken geben. Das Strategie-Papier, das nun Medien vorliegt, kündet von hochgesteckten Zielen rund um digitale Vermögenswerte und dezentrale Technologien im Allgemeinen.

Bedenken der Krypto-Landschaft scheinen unnötig

Gerade hier hatte es viele Sorgen in der Branche gegeben, die Regierungs-Ansätze könnten zu kurz greifen. Genau dies scheint aber nicht der Fall zu sein. Die Politik sieht etliche Anwendungsmöglichkeiten, wie das Papier aufzeigt. Im rechtlichen Zusammenhang könne die Blockchain ebenso angewendet werden wie beim Gütertransfer – materiell wie immateriell. Damit es zur Anwendung im Rahmen des „dynamischen Ökosystems“ im Blockchain-Umfeld kommen kann, braucht es wie gesagt rechtliche Korrekturen. Auch und gerade im Hinblick auf die ohne Frage bestehenden Missbrauchsrisiken. Für elektronische Wertpapiere am deutschen Markt sieht der Bericht ausgesprochen gute Chancen. Die Rahmenbedingungen im deutschen Recht sollen durch einen möglichst bald durch einen Gesetzentwurf geschaffen werden.

Geltendes Recht muss auf neuen Markt abgestimmt werden

Besonders wichtig: Die bisherige Notwendigkeit zur Ausgabe von Wertpapieren in Papierform soll nicht mehr die einzige Alternative sein. Bis zum Jahresende stellt die „GroKo“ die ersten Schuldverschreibungen elektronischer Art in Aussicht. Später könnte auch so etwas wie eine „Blockchain-Gesellschaft“ entstehen. Nicht nur der deutsche Blockchain-Bundesverband findet für den Vorstoss lobende Worte, für viele Branchenvertreter ist der Plan ein längst überfälliges Statement der Bundesregierung. Dass Deutschland die grosse Vorreiterrolle in Europa übernimmt, wies es vielerorts in den Medien heisst, ist nicht ganz korrekt. Während es beispielsweise in Deutschland nach wie vor viele Unklarheiten zur Rechtslage für Unternehmen mit Krypto-Bezug gibt, ist die Schweiz in vielerlei Hinsicht schon wesentlich weiter als das Nachbarland.

Schweizer Kryptowelt modernisiert Bankenbranche

Nicht allein, wenn es um Dinge wie die Möglichkeit zum Abheben von Kryptowährungen am Automaten ist. Wenngleich die Schweiz in diesem Punkt seit langem wesentlich offener ist. Im Kanton Zug – gerne als „Krypto-Valley“ bezeichnet – siedeln sich aufgrund der politischen Offenheit für Innovationen seit Jahren junge Unternehmen an. Anders als die Politik Deutschland hat die Schweizer Finanzaufsicht mit Blick auf Libra nicht nur über Medien kritische Einschätzungen formuliert. Stattdessen hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA infolge einer Anfrage der Libra Association eine sachliche rechtliche Einordnung der Facebook Entwicklung vorgenommen. Und damit ein Verständnis für den rasant wachsenden Kryptomarkt erkennen lassen. Auch der Schweizer Bundesrat hatte sich objektiv zum Thema Libra zu Wort gemeldet.

Folgt Deutschland dem Blockchain-Vorbild der Schweiz?

Besonders deutlich wird die klare zukunftsgerichtete Ausrichtung der Alpenrepublik aber, schaut man sich die Entwicklungen innerhalb der Bankenwelt an. Die FINMA hat mittlerweile Lizenzen für Krypto-Banken, verschiedene weitere Anträge befinden sich aktuell in der Prüfungsphase und warten auf die Genehmigung der Aufsicht. Hinzu kommen Konzepte wie das einer Organisation zur Selbstregulierung, mit der Krypto-Unternehmen im Kampf gegen Geldwäsche zu ergänzend zu den FINMA-Richtlinien eigene Standards setzen wollen. Behörden und Blockchain-Firmen arbeiten vielerorts erfreulich eng zusammen. Und auch wenn Deutschlands Blockchain-Strategie fraglos ein guter Ansatzpunkt ist. Um die genannten Ziele umzusetzen und tatsächlich an führender Stelle in Europa (ganz zu schweigen von einer internationalen Führungsposition) muss die deutsche Bundesregierung erst einmal Worten Taten folgen lassen. Denn neben den guten Ansätzen haben andere Nationen wie die Schweiz schon zeitlich einigen Vorsprung, weil das Thema schon länger auf der Agenda steht.

Dass die Mühlen der Gesetzgebung langsam mahlen, ist hinlänglich bekannt. Nun ist es an der Grossen Koalition, die Ankündigung rechtlich fundiert in die Realität zu überführen. Das Jahr muss nun zeigen, ob der zeitliche Fahrplan für die ersten elektronischen Wertpapiere eingehalten werden kann.

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