Am 7. September 2021 soll das lang erwartete Bitcoin-Gesetz in El Salvador in Kraft treten. Damit ist El-Salvador das erste Land, das eine Kryptowährung offiziell als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptiert. Doch inzwischen nimmt der Widerstand von internationalen Finanzinstituten und Kritikern zu. Während El Salvador sich darauf vorbereitet, Bitcoin (BTC) zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen, zeigt eine neue Umfrage, dass die meisten Menschen es angeblich nicht wollen.

Tatsächlich identifizierten nur 4,8 Prozent der Befragten Bitcoin korrekt als Kryptowährung und zwei von 10 Personen hatten zuvor noch nicht einmal von Bitcoin gehört. Fast 68 Prozent der Befragten gaben an, mit der Verwendung der Kryptowährung als gesetzliches Zahlungsmittel nicht einverstanden zu sein. Die Ergebnisse der Studie kommen nur wenige Tage bevor die Regierung von El Salvador Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel formalisieren wird.

Umfrage: Bürger äussern Besorgnis und Skepsis

Laut einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des University Institute of Public Opinion (IudopUCA), einer jesuitischen Universität mit Sitz in El Salvador, sind 7 von 10 Salvadorianern der Meinung, dass das Gesetz aufgehoben werden sollte. Die Umfrage wurde vom 13. bis 20. August durchgeführt und es wurden 1.281 Personen befragt. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Sogar 9 von 10 Salvadorianern sollen nicht wissen, was Bitcoin überhaupt ist.

El Salvador verschenkt seinen Einwohnern Bitcoin im Wert von 30 US-Dollar

Die Studie ist durchaus kontrovers, da die Ergebnisse der Umfrage der Schlussfolgerung widersprechen. So gaben 44% der Befragten an, dass es sich beim Bitcoin um eine digitale Währung handelt. Laut der Institution, die die Umfrage durchgeführt hat, sollen die Befragten damit allerdings falsch liegen, da es sich beim Bitcoin nicht um eine Währung oder Geld handelt, sondern um einen „finanziellen Vermögenswert“, wodurch sie zu dieser Schlussfolgerung gekommen sind.

Laut den Studienergebnissen herrscht bei den Salvadorianern eine greifbare Besorgnis über die Inflation: 54,3% der Befragten sind davon überzeugt, dass BTC für zusätzliche Inflation ihrem Land sorgen wird und 4 von 10 Salvadorianern glauben, dass sich die Wirtschaft mit Bitcoin verschlechtern wird. Fast 7 von 10 Teilnehmern (65,2%) stimmen auch der Massnahme nicht zu, öffentliches Geld für die Bitcoin-Adoption im Land auszugeben, während 55,5% angaben, kein Vertrauen in die Kryptowährung zu haben.

Laut dem UCA-Dekan Andreu Oliva herrscht eine signifikante Meinungsverschiedenheit zwischen der Bevölkerung und den Entscheidungen des Präsidenten. Die Umfrage der IudopUCA wurde von der Krypto-Community allerdings heftig kritisiert und als kontrovers bezeichnet. Die Zeit wird zeigen, ob die Bedenken der Salvadorianer unbegründet oder richtig waren.

Anti-Bitcoin-Proteste in der Hauptstadt

In den letzten Wochen haben Hunderte in der Hauptstadt San Salvador gegen das Bitcoin-Gesetz protestiert. Demonstranten – darunter Arbeiter, Veteranen und Rentner – äusserten ihre Besorgnis über die Verwendung von Kryptowährungen, insbesondere wenn diese in Zukunft anstelle des US-Dollars für Renten und Sozialleistungen verwendet werden sollten. Demonstranten hielten Schilder mit der Aufschrift „Bukele, wir wollen kein Bitcoin“ und „Nein zur korrupten Geldwäsche“ hoch.

„Wir wissen, dass diese Münze drastisch schwankt. Ihr Wert ändert sich von einer Sekunde zur anderen und wir haben keine Kontrolle darüber“, sagte Stanley Quinteros, Mitglied der Gewerkschaft des Obersten Gerichtshofs, gegenüber Reuters.

Meine Ferien im Bitcoin-Land El Salvador – Ein Erfahrungsbericht vor Ort

Das neue Kryptogesetz würde Bitcoin an den US-Dollar anknüpfen, was vom Internationalen Währungsfonds (IWF) kritisiert wurde. Benachbarte zentralamerikanische Länder warten gespannt darauf, ob die Einführung von Bitcoin als paralleles gesetzliches Zahlungsmittel durch El Salvador die Kosten für Überweisungen senkt.

Präsident Nayib Bukele und seine Regierung haben die Massnahme als eine Möglichkeit vorgestellt, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern, indem sie El Salvador weniger abhängig von US-Dollar machen, dem aktuellen gesetzlichen Zahlungsmittel im Land. Laut der Umfrage sind die meisten Salvadorianer jedoch davon überzeugt, dass die Hauptnutzniesser nicht die Bürger, sondern die Regierung, die Wirtschaftsführer sowie die wohlhabenden, ausländischen Investoren sein werden.

Wie funktioniert Bitcoin in El Salvador?

Bitcoin funktioniert in El Salvador hauptsächlich über das Lightning Network, das schnelle Zahlungen ermöglicht. Dadurch sind Händler im Land in der Lage, Bitcoin in seiner kleineren Stückelung, dem Satoshi, zu akzeptieren.

Bitcoin-Mining mit Geothermie? El Salvador mit weiteren Plänen

El Salvador hat bereits damit begonnen, Bitcoin-Geldautomaten zu installieren, damit die Bürger den Token in US-Dollar umwandeln können. Die Regierung hat einen Fonds in Höhe von 150 Millionen US-Dollar geschaffen, um die Umrechnung von Bitcoin in US-Dollar zu unterstützen. Salvadorianer werden in der Lage sein, die digitale Krypto-Wallet der Regierung herunterzuladen, ihre ID-Nummer einzugeben und 30 US-Dollar in Bitcoin zu erhalten, sagte Finanzminister Alejandro Zelaya letzten Monat für die lokalen Medien.

Ein nationales digitales Wallet namens Chivo – lokaler Slang für „cool“ – ist in Entwicklung, wobei Bitcoin im Wert von 30 $ als Anfangsguthaben auf jedes Wallet hochgeladen wird. Transaktionen mit Bitcoin werden von der Kapitalertragsteuer befreit und Ausländer, die drei Bitcoins im Land investieren (ca. 120.000 US-Dollar), erhalten eine Aufenthaltserlaubnis.

Schneller Wechsel von Euphorie zur Skepsis

„Das Gesetz wurde extrem schnell verabschiedet, ohne technische Studie oder öffentliche Debatte. Ich glaube nicht, dass der Präsident die Auswirkungen des Gesetzes vollständig verstanden hat und sein Potenzial, ernsthafte makroökonomische Probleme zu verursachen und das Land in ein Paradies für Geldwäsche zu verwandeln“, sagt Ricardo Castañeda, ein lokaler Ökonom.

Verbunden: Lateinamerika und Bitcoin – Eine Liebesgeschichte?

Ein Papier der Johns Hopkins University sagt, dass die Kosten für Überweisungen über Bitcoin sogar höher sein werden als bei herkömmlichen Methoden, während eine Umfrage im Juli ergab, dass fast zwei Drittel der El Salvadorianer nicht bereit wären, Zahlungen in Bitcoin zu akzeptieren. Die vielleicht grösste Sorge besteht jedoch darin, dass eine Bevölkerung mit geringer finanzieller Bildung dem Schicksal der hochvolatilen Kryptowährungsmärkte ausgesetzt ist.

Vor El Salvador stehen auf jeden Fall einige turbulente Wochen und eine Vielzahl von Herausforderungen. Die Zeit wird zeigen, ob die Bedenken der Salvadorianer begründet sind. Der Bitcoin-Kurs reagiert soweit jedenfalls positiv und hält sich weiterhin oberhalb der 50.000 US-Dollar-Marke auf.

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