Vitalik Buterin äussert sich kurz nach der Veröffentlichung des umstrittenen Projekts Worldcoin zwiespältig über die Technologie. Der Ethereum-Erfinder ist von der Notwendigkeit digitaler Identitäten überzeugt. Ohne sie würde das Internet zum Eigentum weniger grosser Firmen. Eine komplette Überwachung dürfe es dennoch nicht geben.

Warum Vitalik Buterins Haltung zu Worldcoin zwiespältig ist

Vor wenigen Stunden ging das umstrittene Krypto-Projekt Worldcoin (WLD) live. Inzwischen äusserte sich auch der Ethereum-Erfinder darüber. Seine Meinung siedelt sich zwischen Befürwortern und Kritikern an. Doch warum ist Vitalik Buterins Haltung zwiespältig?

Eines der kniffligeren, aber potenziell wertvollsten Werkzeuge, das die Ethereum-Gemeinschaft zu entwickeln versucht, ist eine dezentrale Proof-of-Personhood-Lösung.

Worldcoin ist eine solche Lösung. Durch den Scan der Iris der Nutzer, kann Worldcoin die Existenz des Nutzers als Mensch beweisen und stattet jede Person nach der geglückten Identifizierung mit einer World ID aus, die anschliessend als eine Art anonymer Ausweis im Internet dient.

Buterin wertet die Zukunftspläne von Worldcoin als vorbildlich. So habe sich das Unternehmen dazu bereit erklärt, sich selbst im Laufe der Zeit einer zunehmenden Dezentralisierung zu unterziehen.

Zunächst will Tools For Humanity – das Mutterunternehmen von Worldcoin – die notwendige Technologie weitläufig verfügbar machen, sodass Interessenten eine Registrierung ohne grosse Umschweife möglich ist. In vielen Städten weltweit sollen die Augen-Scanner “Orbs” aufgestellt werden. Später will man die Verwaltung von Worldcoin in die Hand der Nutzergemeinschaft geben.

Die Herangehensweise von Worldcoin sei verständlich, im Vergleich zu anderen Optionen aber eben auch nicht frei von Schwächen. Buterin schliesst sich allerdings nicht der Gruppe von Kritikern an, welche die Aufnahme biometrischer Daten grundsätzlich ablehnen – und davon gibt es in der Krypto-Szene viele.

“Die Erschaffung digitaler Identitäten dauert noch Jahre”

Buterin glaubt auch, dass die Schaffung zuverlässiger digitaler Identitäten, die Anklang innerhalb der Krypto-Szene finden, noch Jahre dauern wird. Er zeigt sich aber auch überzeugt, dass Worldcoin die nötige Anpassungsfähigkeit und den Willen mitbringt, um sich in diesem Bereich zu etablieren.

Dennoch dürfte das Unterfangen für das Unternehmen rund um Sam Altman schwierig werden, so Buterin. Schuld daran ist eine gewisse Distanz zur Kryptobranche. Die Vermutung des Ethereum-Erfinders: Grosse Teile der Branche halten ihre sensiblen persönlichen Daten bei Worldcoin möglicherweise nicht für gut aufgehoben.

“Ich beneide die Menschen, die sich an diese Aufgabe heranwagen, ganz sicher nicht, und es wird wahrscheinlich Jahre dauern, bis man eine funktionierende Formel gefunden hat”, schreibt Buterin in einem Blogbeitrag.

Buterin fordert digitale Identitäten

Kritiker vermuten, dass die Sammlung biometrischer Daten ein immenses Risiko für Nutzer darstellt. Zu gefährlich sei der Missbrauch durch Dritte oder staatliche Einrichtungen. Buterin widerspricht dieser Einschätzung deutlich und fordert den Gebrauch digitaler Identitäten.

Zwar bestehe durchaus ein Risiko, aber “der Verzicht auf einen Personennachweis birgt ebenfalls Risiken.” Generell sei der Wert hinter einem funktionierenden System zur Online-Identifikation sehr wertvoll. Ohne ein solches System sei Manipulation viel zu einfach möglich.

Eine Welt ohne Proof-of-Personhood scheint eher eine Welt zu sein, die von zentralisierten Identitätslösungen, Geld, kleinen geschlossenen Gemeinschaften oder einer Kombination aus allen dreien beherrscht wird.

Deshalb erwartet er weitere Entwicklungen in diesem Bereich euphorisch, so fasst der Programmierer zusammen. Sein ehemaliger Kollege und späterer Cardano-Gründer Charles Hoskinson erklärte Ende 2022 bereits, das Fortbestehen von Krypto hänge von dezentralen Identitäten ab.

Hoskinson plant daher die Implementierung von DIDs (digitalen Identitäten), die nach bisheriger Vorstellung durch einen klassischen KYC-Prozess entstehen, aber dezentral auf der Blockchain gesichert werden sollen. Genau wie bei Worldcoin, erfolgt die Identifizierung eines Nutzers im Web3 dann ohne die Herausgabe von dessen Klarnamen.

Bild: Techcrunch via Flickr

Jetzt Beitrag teilen