In einem Interview für die Zeitschrift Bitcoin Magazine erklärt Stuart Russell, ein Partner der US-amerikanischen Anwaltskanzlei Nelson Mullins, dass ein Bitcoin-Verbot in den USA sehr unwahrscheinlich sei. Obwohl einige Länder wie z. B. die Türkei Bitcoin verboten haben, soll es laut Russel in den USA zahlreiche praktische, rechtliche, wirtschaftliche und politische Faktoren geben, die es den Vereinigten Staaten erschweren und unter Umständen sogar unmöglich machen würden, diesem Beispiel zu folgen.

Damit würden Regulierungsbehörden durch erdrückende Massnahmen neue Möglichkeiten für Wirtschaftswachstum erwürgen, die Bitcoin den krypto-freundlichen Ländern bietet – und die US-Regierung würde die Chance verpassen, bei neuen Technologien weltweit führend zu bleiben, so Russell.

Regulierung statt Verbot

Trotz anhaltender Kritik von Regierungsbehörden, versprechen die zahlreichen Anwendungen von Bitcoin neue Möglichkeiten, wie es das Internet zu seinem Beginn tat. Es bedarf jedoch regulatorischer Klarheit, um Spekulationen über den drohenden Untergang dieses aufstrebenden Vermögenswertes einzudämmen. Russell warnt davor, dass eine solche Regulierung eng zugeschnitten sein muss, um eine Erstickung der aufstrebenden Bitcoin-Wirtschaft zu vermeiden.

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Obwohl Bitcoin die Marktkapitalisierung von 1 Billion US-Dollar überschritten hat, heizen Aussagen von Regierungsbehörden und Wirtschaftsführern weiterhin Spekulationen über ein mögliches US-Verbot von Bitcoin an:

  • Die US-Finanzministerin Janet Yellen hat Bitcoin und andere Kryptowährungen öffentlich für ihre Rolle bei der „illegalen Finanzierung“ kritisiert.
  • Im privaten Sektor kommentierte Ray Dalio, Gründer des weltgrössten Hedgefonds, dass Bitcoin möglicherweise genauso verboten werden könnte wie Gold in den 1930er Jahren.
  • Auch Jesse Powell, der CEO von Kraken, hat davor gewarnt, dass es ein Durchgreifen gegen die digitalen Vermögenswerte geben könnte.

Könnten die Vereinigten Staaten ein solches „Durchgreifen“ umsetzen, indem sie sich Ländern wie Indien, Nigeria und der Türkei bei der Umsetzung eines Bitcoin-Verbots anschliessen? Ein vollständiges Verbot ist zwar durchaus machbar, aber die praktischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines solchen Verbots machen es sehr unwahrscheinlich. Stattdessen können wir erwarten, dass die USA sich anderen entwickelten Volkswirtschaften bei der weiteren Regulierung von Bitcoin anschliessen werden.

Die Meinungen sind geteilt

Auf der anderen Seite mangelt es auch nicht an Aussagen, dass Bitcoin nicht mehr aufzuhalten ist:

  • Die CEO von Ark Investment Management, Cathie Wood, sagte auf der Konferenz Consensus 2021 am Donnerstag, dass die Regulierungsbehörden Bitcoin nicht abschalten können und im Laufe der Zeit gegenüber Kryptowährungen freundlicher werden.
  • Die SEC-Kommissarin Hester Peirce sagte, ein Verbot von Bitcoin sei wie das Abschalten des Internets und es sei sehr schwierig etwas zu verbieten, das im Wesentlichen eine Peer-to-Peer-Technologie ist.
  • Der Kongressabgeordnete Patrick McHenry sagte bereits 2019, dass Bitcoin unaufhaltsam sei und die Behörden nicht versuchen sollten, diese Innovation abzuschrecken.

Wie CoinPro.ch kürzlich berichtete, haben auch die Grossbanken geteilte Meinung zu Bitcoin. Während die einen aktiv am Krypto-Markt teilnehmen, sehen andere BTC als unbrauchbar an.

Praktische Herausforderungen

Die Blockchain-Technologie unterstreicht die praktischen Herausforderungen eines Bitcoin-Verbots. Die „Blockchain“ ist ein dezentralisiertes und verteiltes Hauptbuch, das die mit digitalen Assets verbundenen Transaktionen aufzeichnet. Bitcoin wurde als öffentliches Netzwerk geschaffen, in dem die Teilnehmer unveränderliche Einträge in einem elektronischen Hauptbuch vornehmen.

Der Begriff „Kryptowährung“ ist somit eine leichte Fehlbezeichnung, da Bitcoin eher einem dezentralisierten Netzwerk als einer traditionellen Währung ähnelt, die von einer regulierten Depotbank gehalten oder beschlagnahmt werden kann. Anstatt physische „Münzen“ zu halten oder Zugang zu einem „Konto“ bei einem regulierten Dritten zu haben, verwendet ein Bitcoin-Inhaber sogenannte „private Schlüssel“, um überall auf der Welt Zugang zu seinen digitalen Vermögenswerten zu erhalten. Die digitalen Assets sind in der Blockchain aufgezeichnet und werden von einem dezentralen und globalen Computernetzwerk verwaltet.

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Obwohl die Vereinigten Staaten den Besitz von Bitcoin theoretisch kriminalisieren könnten, wäre es so gut wie unmöglich, ein solches Verbot durchzusetzen. Insbesondere gäbe es für die Regierung keine Möglichkeit, Bitcoin aus dem globalen dezentralen Netzwerk zu beschlagnahmen.

Rechtliche Herausforderungen

Die Gegner eines Bitcoin-Verbots in den USA hätten auch Argumente für ein ordnungsgemässes Verfahren nach dem Ersten, Vierten, Fünften und Vierzehnten Zusatz der US-Verfassung. Die Bundessteuerbehörde der Vereinigten Staaten stuft Bitcoin als Eigentum ein und daher würde jedes Verbot wohl eine verfassungswidrige Beschlagnahme darstellen.

Während die Regierung diesem Argument entgegenwirken könnte, indem sie den Inhabern ein Zeitfenster für die Umwandlung ihrer Bitcoins in US-Dollar einräumt, würde der potenzielle Verlust von Hunderten von Milliarden an Nettovermögen für Einzelpersonen und börsennotierte Unternehmen kaum zu einer „gerechten Entschädigung“ führen.

Wirtschaftliche Herausforderungen

Selbst wenn die US-Regierung Bitcoin legal verbieten könnte, wäre dies wirtschaftlich unerschwinglich. Ein Grossteil des Bitcoin-Wertes wurde nämlich von US-Unternehmen geschaffen bzw. wird von ihnen gehalten: Tesla hat beispielsweise Bitcoin im Wert von 1,5 Milliarden US-Dollar gekauft; die börsennotierte und in den USA ansässige Krypto-Börse Coinbase hat einen Marktwert von über 85 Milliarden US-Dollar, während Mainstream-Banken wie JPMorgan Chase und Goldman Sachs bereits Krypto-Anlageprodukte auf den Markt bringen.

Darüber hinaus helfen Zahlungsunternehmen wie Visa und PayPal Tausenden von kleinen Unternehmen, Bitcoin für ihre Waren und Dienstleistungen zu akzeptieren. Obwohl Kritiker behaupten können, dass Bitcoin von Terroristen und Drogenhändlern verwendet wird, legt die Blockchain-Analyse nahe, dass nur ein kleiner und schrumpfender Bruchteil der Bitcoin-Transaktionen für solche Zwecke verwendet wird.

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Die zahlreichen Anwendungen von Bitcoin – etwa als Wertspeicherung oder zur Authentifizierung von geistigem Eigentum – versprechen die Entstehung vieler neuer Unternehmen, genau wie das Internet in den frühen 2000er Jahren. Jedes Verbot oder jede erdrückende Regulierung würde für die US-Regierung eine verpasste Chance bedeuten, bei neuen Technologien weltweit führend zu bleiben.

Politische Herausforderungen bei einem Bitcoin-Verbot

So wie Bitcoin exponentiell gewachsen ist, ist auch sein politischer Einfluss gewachsen. Dieser Einfluss, kombiniert mit praktischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Faktoren, wird wahrscheinlich dazu führen, dass die US-Regierung eher regulatorische Sicherheit als ein völliges Verbot von Bitcoin schafft. Dass Bitcoin auch unter Politikern beliebt ist, zeigt jüngstes Beispiel aus El Salvador: Der Präsident Nayib Bukele plant die Einführung von Gesetzen, die Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel zulassen sollen.

Unternehmen und Einzelpersonen mit Krypto-Engagement haben bereits erheblichen politischen Einfluss. Laut Coindesk hat Sam Bankman-Fried, der CEO der Krypto-Derivateplattform FTX, die zweitgrösste Spende an Joe Bidens Präsidentschaftswahlkampf geleistet. Vor kurzem haben sich Fidelity Investments, Square und Coinbase zusammengetan, um eine Bitcoin-Handelsgruppe zu gründen, um politische Entscheidungsträger zu beeinflussen.

USA/EU: Behörden signalisieren eine strengere Krypto-Aufsicht

Da die Zahl der Bitcoin-Nutzer weiterhin schnell wächst, würde jedes versuchte Verbot nicht nur auf den Widerstand der Unternehmenslobby, sondern auch auf den Zorn einer exponentiell wachsenden und leidenschaftlichen Wählerschaft stossen. Zum Vergleich: Die grösste in den USA ansässige Krypto-Börse Coinbase hat dieses Jahr etwa 56 Millionen verifizierte Benutzer gemeldet, während diese Zahl im Jahr 2020 bei 35 Millionen lag. Laut Coinbase-Mitbegründer Fred Ehrsam besitzen bereits 10 % der US-Bürger Kryptowährungen.

Fazit

Bis es mehr regulatorische Klarheit in Bezug auf Bitcoin gibt, werden die Aussagen einiger prominenter Regierungsvertreter weiterhin die Spekulationen über den bevorstehenden Untergang dieses aufstrebenden Vermögenswerts anheizen. Obwohl ein vollständiges Verbot aus den genannten Gründen nicht so einfach durchführbar ist, ist mit einer weiteren Regulierung zu rechnen. Wenn diese Regulierung so zugeschnitten ist, um eine Erstickung der aufstrebenden Bitcoin-Wirtschaft zu vermeiden, könnte sie dem digitalen Vermögenswert eine neue Legitimität verleihen, seine Verwendung für illegale Zwecke minimieren und langfristig für Preisstabilität sorgen.

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